Kirchen (Headerbild)

Festschrift zum 800. Jubiläum der Kirche St. Fabian und St. Sebastian zu Rensefeld am 20. Januar 1977

Herausgegeben von Pastor Hartwig Bünz im Auftrag des Gemeindekirchenrates der Ev.-luth. Kirchengemeinde Rensefeld

Vorwort
geschrieben am 31. Oktober 1976 von Hartwig Bünz, Pastor an der Kirche zu Rensefeld

Am Anfang der Amtszeit meines Vaters, des verstorbenen Pastors Christoffer Bünz an der Kirche zu Rensefeld, stand 1927 die 750-Jahrfeier dieser Kirche. Am Ende meiner Amtszeit, seines Sohnes und Nachfolgers an der gleichen Kirche und Gemeinde steht jetzt 50 Jahre später die 800-Jahrfeier der Rensefelder Kirche. Durch zwei Generationen sind wir eng mit diesem alten Gotteshaus verbunden. Ein halbes Jahrhundert ist vergangen, eine lange Zeit, wenn sie vor einem steht; aber in der Rückschau drängen sich die Erinnerungen ganz eng zusammen, als wäre das alles erst eben gewesen. Ich war damals noch Schüler, Abitur und Studium standen noch vor mir, erste Amtsjahre in Delve (Norderdithmarschen), Soldatenzeit und dann der Krieg, 6 Jahre draußen, an deren Ende Einsatz als Wehrmachtspfarrer, schließlich Rückkehr in das Dithmarscher Pfarrhaus, während im Elternhaus die Plätze der Geschwister verwaist blieben. Im Oktober 1951 wurde ich in die Nachfolge meines Vaters nach Rensefeld berufen. Der Krieg hatte es gelehrt, daß man überall beten, auch in Baracken und Bunkern das Wort des Herrn hören und verkündigen kann.

Dennoch ist für mich das Erlebnis des Glaubens, wenn irgend möglich, an ein würdiges Gotteshaus gebunden. So war es mir eine große Freude, hier in der Rensefelder Kirche Heimat zu finden. Sie ist mir allezeit lieb gewesen ebenso wie meinem Vater, dem es in seinem Leben vergönnt war, nie ohne Kirche zu sein. Die Stätte der Verkündigung und Anbetung zu umsorgen, war sein und ist mein Anliegen immer gewesen. So kann ich nicht dankbar genug sein, daß ich meine Gemeinde zur 800-Jahrfeier in ein Gotteshaus geleiten darf, das trotz seines hohen Alters nicht nur äußerlich standfest ist, sondern in seinem Inneren eine mit viel Liebe gewachsene Gestaltung gefunden hat, die der Botschaft des Herrn an seine Gemeinde würdig ist und allen Gottesdienstbesuchern hilft, freudig ihre Herzen für die Predigt seines Wortes aufzuschließen und seiner Gegenwart in den Sakramenten der Taufe und des Abendmahls gewiß zu sein.

Ich danke allen, die an dem Zustandekommen dieser Festschrift zur 800-Jahrfeier der Rensefelder Kirche durch eigene Beiträge, Anregungen und Hinweise, durch Beschaffung von Dokumenten und Fotos und jedwede freundliche Mitwirkung geholfen haben.

Möge diese Schrift und die Festtage, die sie begleiten möchte, von der Fürbitte einer großen Gemeinde getragen werden und unserem alten vertrauten Rensefelder Gotteshaus unter dem Lobpreis des Herrn zur Ehre gereichen.

"Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt." Psalm 26, 8


Grußwort der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Eutin

geschrieben zu Eutin zur 800-Jahrfeier der Rensefelder Kirche von Bischof Kieckbusch

Das Jahr 1177 und das Jahr 1977 reichen sich in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Rensefeld die Hand. 1177 wird zum ersten Mal die Kirche St. Fabian und Sebastian in der Vergangenheit genannt. Zwei Märtyrer gaben dem alten schönen Gotteshaus vor 800 Jahren den Namen. Die Väter dieser Kirche mögen dabei an harte Glaubensprüfungen gedacht haben, die sie selbst oder ihre unmittelbaren Vorfahren in der Zeit der ersten Missionierung unserer engeren Heimat durchgestanden haben. Die Zeiten sind inzwischen andere geworden. Das Bild der Welt hat sich tausendfach geändert; aber das eine Evangelium, das den Märtyrern der frühen Christenheit Halt gab und den Gründern der Rensefelder Kirche Zuversicht und Hoffnung schenkte, die eine selig machende Botschaft von Jesus Christus, ist geblieben. Daran haben sich die Jahrhunderte bei allen Sorgen und Nöten, die sie erfuhren, immer wieder aufrichten dürfen. Wo Leid und Verfolgung an die Türen der Christen klopften, half der Glaube an das Wort des Herrn, damit fertig zu werden, schenkte Trost und Mut für den nächsten Schritt auf der Straße des Lebens. Sie wußten und bekannten ebenso wie wir heute, daß Krippe, Kreuz und leeres Grab Quellen unerschöpflicher Kraft sind, die dem Suchenden in Wort und Sakrament begegnen. So haben auch Kanzel, Altar und Taufstein der jahrhundertealten Rensefelder Kirche die Menschen aus vielen Generationen um sich gesammelt und sie erfahren lassen, daß der ewige Gott der Bibel hinter allen Fügungen und Führungen des Lebens steht. Er selbst hat hier eine Gemeinde wachsen lassen, die dankbar zurückblickt auf einen in Gnaden gesegneten Weg durch die Vergangenheit und jetzt getrost in die Zukunft schreitet in der Gewißheit, daß der in ihrer Mitte steht und auch über die Grenzen der Zeit hinaus sie nicht verläßt, der da gesagt hat: "Ich lebe und ihr sollt auch leben!"

Gott, der Vater unseres Herrn, der Herr der Kirche, segne weiter seine Gemeinde, wie er diese Gemeinde durch 800 und mehr Jahre reich gesegnet hat.

Grußwort des Kreises Ostholstein

geschrieben von Ernst Günther Prühs, Kreispräsident, und Dr. Wolfgang Clausen, Landrat

800 Jahre steht die Rensefelder Kirche inmitten einer sich verändernden Umwelt. Es ist kaum nachzuvollziehen, welche Perspektiven die Erbauer dieser Kirche vor 800 Jahren mit der Errichtung des Gotteshauses verbunden haben, inwieweit sie mit der Wirklichkeit der vergangenen Jahrhunderte einverstanden gewesen wären. Einstmals war sie Symbol einer fortschreitenden Christianisierung, 23 Jahre nach dem Tode Vicelins. Heute ist die Kirche in Rensefeld nicht nur Denkmal aus der Zeit der Christianisierung, sondern nach wie vor Mittelpunkt einer lebendigen Kirchengemeinde, nicht mehr umstritten und befehdet, aber von viel bedrohlicherer Gleichgültigkeit umgeben.

Zum 800jährigen Bestehen einer Kirche darf man nicht nur nach dem bauhistorischen Denkmal fragen, sondern vor allem nach der Entwicklung und dem Vorhandensein geistiger Vorstellungen und Aussagen, die vor mehr als 800 Jahren in dieses Land getragen wurden.

Den Kreis Ostholstein, vor allem mit seiner Kreisstadt Eutin, dem alten Bischofssitz, verbindet eine enge geschichtliche Beziehung mit der Rensefelder Kirche und Bischöfen, die von Lübeck aus Zuflucht suchten. Wir hoffen, daß der Anlaß der 800-Jahrfeier auch Grund für ein wieder wachsendes Bewußtsein und Verständnis der geistigen und geschichtlichen Traditionen bei den Bewohnern unserer Landschaft sein möge.


Grußwort der Stadt Bad Schwartau

geschrieben von Dr. Hou, Bürgervorsteher, und Herrn Bahrdt, Bürgermeister

Liebe Bürgerinnen und Bürger!

Im Jahre 1177 wurde der Name Rensefeld zum erstenmal in einer Urkunde erwähnt. Seit dieser Zeit also haben nachweisbar Menschen unseres Kulturkreises hier gelebt, gearbeitet und Gottesdienst gehalten. Zwar hat es auch schon lange vorher menschliche Siedlungen im Gebiet der heutigen Stadtgemeinde Bad Schwartau gegeben. Das haben Funde erwiesen, die aus der älteren Jungsteinzeit stammen. Aber erst in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, also nach der Zerstörung Alt-Lübecks an der Schwartaumündung, nach der zweiten Gründung Lübecks an der jetzigen Stelle durch Kaufleute unter dem Schutz Heinrichs des Löwen und nach der Gründung des Bistums Lübeck im Jahre 1160 begann hier bei uns ein vielfältiges Leben: Die Rensefelder Kirche wurde errichtet, viele Menschen aus dem Westen Deutschlands siedelten sich hier an, Mühlen wurden gebaut, der Bischof verlegte seinen Wohnsitz nach Kaltenhof und an der Kreuzung der Straßen von Rensefeld nach Kaltenhof und von Lübeck zur Ostsee bildete sich der Mittelpunkt unserer heutigen Gemeinde, das alte Schwartau, dessen Name dann zum erstenmal im Jahre 1215 erwähnt wurde.

Wir wissen heute nicht mehr viel von dieser alten Zeit, deren einziger, wuchtiger Zeuge die ehrwürdige Rensefelder Kirche ist. Aber die heutige Gestalt unserer Stadt und die Kultur, der Gemeinschaftssinn und das Selbstverständnis ihrer Bürger - ob diese nun einer der alteingesessenen Familien angehören oder nicht - wurzeln tief in den Leistungen und Erkenntnissen, die die Bevölkerung dieses Raumes seit nunmehr 800 Jahren überliefert hat. Um 1177 entstand - von Rensefeld ausgehend - eine vielfältige, vorwiegend bäuerliche, also mit Grund und Boden fest verbundene gesellschaftliche Ordnung in unserer Heimatgemeinde. Generation folgte auf Generation, und jede gab der nächsten die übernommenen Kenntnisse, aber auch eigene Erfahrungen weiter, war bemüht, Brauchtum zu pflegen und Werte zu erhalten, die für den Einzelnen und die Gemeinschaft als notwendig erkannt wurden. Dieses ist die Tradition, in der wir heute stehen. Den Mittelpunkt der neuen Lebensordnung bildete damals wie auch heute noch bei der 800-Jahrfeier die Kirche, die als steinerner Garant einer kontinuierlichen Entwicklung Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unlösbar miteinander verbindet. So gilt der besondere Gruß der Stadt Bad Schwartau der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Rensefeld, die heute wie in den Jahrhunderten zuvor einen gewichtigen Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in unserer Stadt darstellt, sowie allen, die bei diesem Fest der Gemeinde mitwirken oder passiv beteiligt sind. Darüber hinaus gilt unser Gruß Ihnen allen, liebe Bürgerinnen und Bürger, die Sie bereit sind, sich selbst aus der Geschichte unserer Heimat und ihrer Menschen heraus zu verstehen. Möge der Rückblick auf eine über 800jährige Geschichte neue Kräfte wecken zur Bewältigung der vielen Aufgaben, die sich unserer Stadt heute und in der Zukunft stellen!

Deutsche Übersetzung der Urkunde von 1177

(vgl. Originalfassung in lateinischer Sprache auf dem Umschlag dieser Festschrift)

LUB I Nr. 5, S.7f.

Heinrich I., Bischof von Lübeck, urkundet über die Gründung des Klosters St. Johannis zu Lübeck 1177

Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit. Ich Heinrich von Gottes Gnaden Vorsteher der Lübecker Kirche. Die Aufgabe zur Seelsorge, zu der wir durch keinerlei eigenes Verdienst, sondern nur durch Würdigung und Geschenk des Höchsten gerufen sind, fordert, daß wir in der neuen Pflanzstätte der Christenheit, in die wir versetzt sind, die Religion vorantreiben, Gottesdienst einrichten und, wenn er eingerichtet ist, ihn, wie wir nur können, festigen. Deshalb wollen wir allen künftigen und gegenwärtigen Christen bekannt machen, daß wir in der Stadt Lübeck am Fluß, der Wakenitz genannt wird, ein Kloster zu Ehren der Heiligen Mutter Gottes und des heiligen Apostels und Evangelisten Johannes und des heiligen Erzbischofs Autor, und auch des heiligen Bekenners Aegidius erbaut und dort hin Mönche nach der Regel des heiligen Benedikt gesetzt haben. Zu deren Unterhalt schenken wir der Heiligen Mutter Gottes und Jungfrau Maria und dem heiligen Evangelisten Johannes und den anderen Patronen dieses Õrtes die Hälfte des Dorfes Rensefeld (Ranzifeld), das sich in 30 Hufen ausdehnt, und zwar 4 Hufen von diesen der genannten Kirche, während 4 uns als Allod reserviert bleiben, wobei ihnen der Bach Pramice (Trems) zugefügt werden soll. Die Kirche dieses Ortes aber reservieren wir der Zuständigkeit des Bischofs; was sich von dem genannten Bach ab an Äckern, Höfen, Wiesen, Weiden, Wäldern, bestellt und unbestellt, außer den zwei Hufen, die der Kirche des Ortes zugeschrieben sein sollen, befindet, schenken wir zur Hälfte der Mutter Gottes und Jungfrau Maria und den anderen Patronen des genannten Klosters, die übrige Hälfte soll der bischöflichen Nutzung reserviert bleiben. Weiter schenken wir alles, was jenseits des Baches, der Trems genannt wird, bis an die Grenzen der umliegenden Dörfer sich an Äckern, Weiden, Wäldern, unbestellt und bestellt, befindet, der heiligen Mutter Gottes Maria und den anderen Patronen des genannten Klosters. Außerdem schenken wir die Hälfte des Zehnten in den Dörfern Groß- und Klein-Gladebrügge und im Dorf, das Stipsdorf (Stubbekesthorp) genannt wird, der heiligen Jungfrau Maria und den anderen Patronen des genannten Klosters. Damit nun diese Schenkung unbeeinträchtigt bleibt, haben wir die vorliegende Urkunde zum Zeugnis der Wahrheit dieses Aktes schreiben und durch den Abdruck unseres Siegels unterfertigen lassen. Die Namen derer, die bei diesem Akt anwesend waren, haben wir der Reihe nach aufführen lassen. Von den Klerikern: Ethelo Propst der großen Kirche, Odo Dekan, Arnold Küster, Sibernus, Rodolfus, Odelricus Kanoniker derselben Kirche; Helmold, Moyses, Priester. Von den Laien: Lieveradus, Libertus Flamingus, Libbertus Lancing, Wicgerus, Gerardus de Stendale, Sifridus Crispus, Sifridus von Soest, Sigewinus und zahlreiche andere. Diese Schenkung sichern wir durch die Autorität des Apostelfürsten Petrus und die Macht, die uns vom Herrn gegeben ist, mit dem Bann. Wenn jemand sie in späterer Zeit, was nicht geschehen möge, verringert oder wegnimmt, oder die Mönchsregel im genannten Kloster verändert, soll er gebannt sein und wenn seine Seele seinen Körper verläßt, soll er die heilige Muttergottes mit den anderen Patronen dieses Õrtes in Gegenwart des strengen Richters sich feindlich gegenüber finden.

Geschehen im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1177, mit der 10. Indiction.


Die Rensefelder Kirche - Hort der Geborgenheit durch acht Jahrhunderte

von Pastor Hartwig Bünz

Versteckt unter hohen Linden, als wollte sie für immer verborgen bleiben, mit ihrer Spitze jedoch, gekrönt von einem goldenen Hahn sich frei bekennend, das dichte zweigedurchwirkte Laubdach überragend, wächst unweit des Nordrandes der heutigen Großstadt Lübeck zu Füßen des Pariner Höhenzuges die alte Rensefelder Kirche aus einer weiten Landschaft von Häusern, Feldern und Wäldern empor. Während die suchenden Gedanken um die Geschichte dieses achtunggebietenden, den beiden christlichen Märtyrern Fabian und Sebastian geweihten Gotteshauses beginnen, schriftliche Gestalt anzunehmen, liegt draußen über Rensefelds Fluren und Straßen dichter Herbstnebel, der es selbst dem Ortskundigen schwer macht, sich zurechtzufinden, dieser es aber dennoch wagt, den Weg in den Tag hinaus anzutreten. Das ist genau die Situation, in der sich der Chronist befindet, der sich anschickt, die Geschichte der Rensefelder Kirche niederzuschreiben, um sie als Festschrift am 20. Januar 1977 der heutigen Gemeinde, den Interessenten und Freunden dieses alten Gotteshauses in die Hand zu geben.

Zwar gibt es für dieses Unterfangen eine Reihe von Unterlagen, Aufzeichnungen und Einzelurkunden aus vergangenen Tagen, diese gesichtet und gesammelt zu haben, besonderer Dank dem von 1881-1914 hier an der Rensefelder Kirche amtierenden Pastor Hoyer gebührt, der die von seinem Amtsvorgänger Kirchenrat Barelmann begonnene Chronik der Kirchengemeinde Rensefeld mit immensem Fleiß zu einer dreibändigen Niederschrift hat anwachsen lassen. Diese Chronik enthält eine Fülle von Nachrichten über das Geschehen und die Vorgänge der jüngeren und mittleren Vergangenheit, zeichnet aber auch manche Linie des Wissens um frühere Tage sorgfältig nach. Doch bei der Schilderung der Zeit des Entstehens der Rensefelder Kirche vor nunmehr 800 Jahren ist sie ebenso wie unser heutiges Bemühen auf ein vorsichtiges Tasten nach den im Nebel des Nichtgenauwissens liegenden Ursprungsquellen angewiesen. Dennoch ist diese im Rensefelder Pfarrarchiv vorhandene Hoyersche Chronik, von der es auch nachgedruckte Zeitungsausschnitte gibt, von unschätzbarem Wert. Neben den hierin gebotenen Aufzeichnungen haben die intensiven heimatkundlichen Forschungen des jetzt im Ruhestand lebenden Rektors der Rensefelder Schule, Max Steen, der auch selbst mit eigenen Beiträgen ('Das Bischofsdorf Rensefeld' und 'Die Rensefelder Küsterschule') in dieser Festschrift vertreten ist, einen hohen Rang in dem Bemühen, ein möglichst klares Bild über die Ursprungsgeschichte Rensefelds und seiner Kirche zu gewinnen. Auch zwei weitere Namen der gegenwärtigen Gemeindegeneration verdienen in diesem Zusammenhang genannt zu werden, wo es um die Aufhellung der örtlichen Heimatgeschichte geht. Einmal ist dieses der Rentner Karl Schäfer, ein Autodidakt auf diesem Gebiet, der sich ein erstaunliches Wissen um archäologische und archivalische Dinge angeeignet hat und so zu einem Experten dieser Wissensgebiete geworden ist, dem die örtliche Geschichtsforschung manches Wertvolle verdankt. So geht z. B. die Beschaffung der Urkunde von 1177 und deren fotografische Wiedergabe auf der Titelseite dieser Festschrift auf ihn und seine Tochter zurück. Als weiterer sehr aktiver Interessent der Rensefelder Vergangenheit, besonders hinsichtlich der Familienforschung, ist der hier im Ruhestand lebende frühere Werftingenieur Richard Rogat zu nennen, dessen Forschungsgebiet die Rensefelder Kirchenbücher sind, die, wenn auch lückenhaft, bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges zurückreichen. Seiner Arbeit verdanken wir den Einblick in die Hufen-Geschichte der ältesten Familien des hiesigen Kirchspiels (ein Beispiel dafür ist die 'Besitzer-Folge der Voll-Hufe Evers in Rensefeld').

Dieses vorausgeschickt und darauf aufbauend, sei jetzt der Versuch gewagt, trotz des über der weiten Ferne der frühesten Vergangenheit lastenden nahezu undurchsichtigen Nebels, die wenigen exakten historischen Konturen nutzend, ein möglichst abgerundetes Bild von der Geschichte der Kirche St. Fabian und Sebastian zu Rensefeld zu entwerfen. Daß dabei neben klar belegten Fakten besonders hinsichtlich der Anfänge teilweise auch Vermutungen, gedankliche Querverbindungen mit bekannten Daten und Gegebenheiten, sowie Berechnungsvorgänge treten, liegt in der Natur dieses Unterfangens.

Die Entstehung einer Kirche setzt die Wirksamkeit der christlichen Mission voraus. Diese ist im ostholsteinischen Raum, zu dem wir uns hier zu rechnen haben, von mutigen Einzelaktionen, heftigen Rückschlägen, bangen Wartezeiten und neuem Draufgängertum gekennzeichnet, die viele Jahrzehnte brauchte, bis sie einen festen Bestand fand und sich im Bau von Gotteshäusern profilierte, die nun ihrerseits zu unübersehbaren Zeugen christlichen Glaubens durch Jahrhunderte hindurch werden sollten. Die noch nahezu namenlosen Anfänge der christlichen Missionierung dieses Großraums, der unter der Bezeichnung "Wagrien" bekannt wurde, mögen im 10. und 11. Jahrhundert oder gar noch früher gelegen haben, einer Zeit, als in anderen deutschen und europäischen Gebieten das Christentum bereits ein fester Begriff war. Basis einer ersten Welle der Christianisierung des wagrischen Raums wurde das holsteinische Oldenburg, konnte sich jedoch nicht lange halten. Ob der christliche Glaube von dort aus damais noch weitere Ausstrahlungen bis in unsere nähere Umgebung hinein erfahren hat, wissen wir nicht.

Anlaß zu einer möglichen Vermutung in dieser Richtung könnte die Auffindung einer sehr alten granitenen Taufe im Rensefelder Pastoratgarten sein, deren frühester Gebrauch als Stätte des Sakraments mit größter Wahrscheinlichkeit weit vor der Erbauung der heutigen Rensefelder Kirche anzunehmen ist. Der landläufigen Meinung, daß sie als ehemaliger Bestandteil der jetzigen Kirche zu irgendeiner Zeit, als man für derartig rustikale Taufbecken keinen Sinn mehr hatte, aus der Kirche entfernt worden sei, wie es wohl andernorts sich zugetragen hat, steht einmal ihre kaum hantierbare Unförmlichkeit und sehr schweres Gewicht entgegen, die wegzuräumen über eine Entfernung von mehreren hundert Metern, sehr unwahrscheinlich sein läßt. Für den umgekehrten Weg von dem Fundort bis zu ihrem heutigen Platz in der Kirche im Zuge der Restaurierung vor einigen Jahren bedurfte es stärkster Maschinenkraft und eines total hart gefrorenen Bodens, um sie nicht unterwegs im Erdreich versinken zu lassen. Mehr noch als dieser Umstand ist die Tatsache entscheidend, daß die Taufe an ihrem Fundort im hinteren Teil des Pastoratgartens nahe dem dortigen Teich von einer im Halbkreis angeordneten Reihe von weiteren etwas kleineren Findlingen umgeben war, welche die deutliche Form einer Apsis aufwies. Während der Taufstein selbst umgekippt und nahezu ganz versunken war und nur noch eine mit dem übrigen Erdboden bündige Restfläche seiner Unterseite sichtbar war, standen die ihn umgebenden wie eine Apsis wirkenden Steine noch in deutlicher Erkennbarkeit, wenn sie auch von wucherndem Gebüsch nahezu zugedeckt und auch in ihrer Regelmäßigkeit nicht mehr ganz vollzählig waren. Einzelne hatten ihren Standort im Garten gewechselt, um in eine Steingartenblumenanlage eingefügt zu werden. Solange man dem in der Mitte kaum erkennbarem Granitklotz keine besondere Bedeutung zugemessen hatte, nur dem sichtbaren Kranz der übrigen Steine Beachtung schenkte und überdies dieser gesamte Platz wegen des dichten Gebüsch- und Baumbestandes nur mit Mühe zugänglich war, hatte man sich, ohne viel darüber nachzudenken, mit der von einer zur anderen Pastorengeneration ungeprüft weitererzählten Auskunft zufrieden gegeben, daß diese bewaldete Steinansammlung Reste einer Laube seien, die sich irgendein Vorgänger in grauer Vergangenheit hier angelegt habe. Doch diese etwas naive Sage mußte zwangsläufig einer anderen Erklärung weichen, sobald sich der mittlere Stein als ein schweres granitenes Taufbecken entpuppte, nämlich der sehr naheliegenden Vermutung, daß es sich hier um eine Taufstätte aus frühester Zeit erster christlicher Missionierungsbemühungen handelt. Ob sich über der steinernen Umfassung dieser Anlage noch weitere Aufbauten etwa aus Holz, dem anderen hier in dieser Gegend reichlich vorhandene Baustoff befunden haben können, es sich hier also um eine regelrechte geschlossene Taufkapelle gehandelt haben könnte, ist zwar theoretisch möglich, aber nicht nachzuweisen. Die dort angestellten Grabungen des Landesamtes Schleswig-Holstein für Vor- und Frühgeschichte haben Derartiges nicht feststellen können. So ist das öffentliche Interesse an dieser inzwischen in einer Kindergartenspielfläche aufgegangenen Anlage praktisch erloschen, für uns Rensefelder jedoch wert, wenigstens durch diese Zeilen festgehalten zu werden. Um diese hier gemachten Äußerungen nicht eines Tages in das Gebiet der Legende verweisen zu können, sei hier ausdrücklich vermerkt, daß der Verfasser dieser Zeilen und Herausgeber der Festschrift sowohl die noch unangegriffene Situation dieses von Steinanordnungen durchsetzten Gebüschgeländes im Rensefelder Pastoratgarten wie dessen Freilegung und die Auffindung der Taufe mit eigenen Augen gesehen und persönlich miterlebt hat, und so selbst zu der Überzeugung gekommen ist, daß es sich um einen frühen Stützpunkt christlicher Missionierung gehandelt hat, also einer Taufstätte als Ort der Spendung des ersten Sakraments, mit der ein Leben im christlichen Glauben beginnt. Mehr, also etwa eine vollständige Kirche, wird es nicht gewesen sein. Dieser Rensefelder Taufstützpunkt aus einer früheren Missionierungswelle der christlichen Verkündigung in unserem Lande mag bald wieder verlassen und verfallen sein, aber er hatte seinem Platz den Charakter eines geweihten Ortes gegeben, was sicher mit dazu beigetragen hat, daß spätere Generationen, noch darum wissend, die Höhe auf der Rensefelder Waldlichtung in unmittelbarer Nähe der früheren Taufstätte zum Bau unserer heute noch bestehenden Kirche auserkoren haben.

Doch sind im übrigen die Beweggründe zum Bau dieser Rensefelder Kirche, der bald nach der Mitte des 12. Jahrhunderts in Angriff genommen wurde, kaum in einer schon fest geordneten Besiedlung dieses Raumes zu suchen; vereinzelte Siedlungen hat es hier sicher schon gegeben, mindestens diejenige, die als Feld des Ranislav diesem Ort den Namen gegeben hat, der dann später in Ranzevelde und schließlich in Rensefeld abgewandelt wurde. In die sich solcherart langsam stabilisierende Besiedlung Rensefelds ist dann die Kirche mit einbezogen und gab ihr die deutlich sichtbare Mitte. Mehr aber noch und ursprünglich ist die Gründung der Rensefelder Kirche im Zusammenhang mit der Suche nach einem verborgenen und vor Angriffen geschützten Ort als Folge der Zerstörung der alten Wendensiedlung Liubice am Zusammenfluß von Schwartau und Trave zu suchen.

So kann denn auch die Entstehung der Rensefelder Kirche nicht in einem Atemzug mit den weiteren Kirchengründungen jener Zeit im wagrischen Raum genannt und verstanden werden. Diese sind, wenn auch nur in geringer zeitlicher Abweichung und unter Bezugnahme auf den gleichen Initiator, nämlich den Wendenapostel Vicelin, unter anderen Voraussetzungen und missionarischen Vollzügen jener Tage entstanden; sie werden alle in der bekannten Slavenchronik des Bosauer Pastors Helmold offen erwähnt, während diese über Rensefeld schweigt, sicher nicht ohne Grund. So wie die Rensefelder Kirche selbst bleibt auch ihre frühe Geschichtsschreibung absichtlich zunächst im Dunkel der Verborgenheit. Sie vorzeitig an das Licht des Bekanntwerdens zu ziehen, hatte die immer noch schwälenden Spannungen infolge der Zerstörungskämpfe um das alte Liubice, zu dessem territorialem Umland und Einflußanspruch die Waldlichtung des Ranislav gehörte und den Überlebenden vor den heidnischen Verfolgern Schutz bot, wieder aufflackern können. So plausibel es auch wäre, die Rensefelder Kirche mit ihrer Entstehungsgeschichte nachträglich in die Liste der von Helmold erwähnten Missionskirchen in der ausgedehnten wagrischen Landschaft einzureihen, um dadurch ein überzeugendes Gesamtbild planvoller missionarischer Leistung zeichnen zu können, deuten doch alle Anzeichen daraufhin, daß die Entstehung der 1177 bereits vorhandenen Rensefelder Kirche einen anders geschichtlich begründeten Ausgangspunkt hat. Dieser ist, wenn auch aufbauend auf frühere missionarische Bezüge im Zusammenhang mit dem möglichen sehr viel älteren Rensefelder Taufstützpunkt, mehr geschichtspolitischer Art im Zusammenhang mit der alten Wendensiedlung Liubice zu sehen.

So haben unsere Überlegungen zunächst einmal die eine knappe Wegstunde entfernten Wiesen an der Stelle aufzusuchen, wo die Schwartau in die Trave einmündet, und damit den Platz, an dem im Jahre 1043 die mit einer Burg befestigte Handelssiedlung LUBEKE = wendisch LIUBICE durch den Wendenfürsten Gottschalk mit Erfolg gegründet wurde. Gewiß eine Leistung, die sowohl Mut wie auch Weitsicht forderte. Dieser Gottschalk war dem christlichen Glauben zugetan, war diesem in seinen jungen Jahren in Lüneburg begegnet, freilich darin heftig erschüttert, dann aber später um so mehr im Glauben gefestigt. So ließ er zugleich mit der Burg Lubece eine Kirche errichten. Hier - das darf man nicht außer acht lassen - war also schon durch seine Initiative die christliche Predigt, an der Fürst Gottschalk durch Übersetzung derselben in die Sprache des Volkes persönlichen Anteil hatte, schon rund 100 Jahre zu Hause, bevor die entscheidende Missionierung Wagriens mit Vicelin ihren Anfang nahm und den Anstoß zur Errichtung von festen Gotteshäusern gab.

Freilich bäumte sich heidnischer Zerstörungswille und Eroberungssucht gegen diese im Wendenland noch einsame christliche Handelssiedlung und ihren Beherrscher auf. Gottschalk wird im Jahre 1066 erschlagen, als er eine Kirche im östlichen Mecklenburg besucht. Sein Reich fällt an den heidnischen Fürst Kruto, der ein grausames Regiment führt und die Burg Lubece zerstört. Sein Ziel ist die Ausrottung des Christentums. Doch weder dieses noch die Beherrschung der Gottschalkschen Gründung gelingt ihm letztlich. Als 26 Jahre später die Wende mit der Rückkehr des inzwischen bei Verwandten in Dänemark herangewachsenen Sohnes Heinrich kam, der seinerseits das Erbe seines Vaters Gottschalk anzutreten verlangt, lebt auch die christliche Predigt in Liubice wieder auf. Kruto fällt einem Attentat zum Opfer. Die Burg wird wieder aufgebaut und erlebt eine neue Blütezeit, die auch weitere Eroberungszüge fremder Stämme schadlos übersteht. Heinrich nimmt den Titel "Wenden-König" an und weitet seinen Herrschaftsbereich auf die umliegenden Landschaftsgebiete aus, wozu mit Sicherheit auch die unmittelbar westlich angrenzenden Wälder gehören, hinter und in deren Verborgenheit der Ort liegt, an dem einmal die Rensefelder Kirche als Stätte der Zuflucht entstehen soll. Dem für die bislang wenig erfolgreiche Missionierung des ganzen Slavenlandes zuständigem Erzbischof von Bremen war es nicht verborgen geblieben, daß hier an der Trave und Schwartau Menschen lebten, die für die christliche Predigt aufgeschlossen waren und sich darin schon trotz heftiger Verfolgung bewährt hatten - und dieses praktisch ohne geordnete Prediger. So kam es ihm sehr gelegen, daß ein junger Kanoniker und Schulmeister namens Vicelin aus Magdeburg und mit ihm zwei andere Geistliche sich bereit erklärten, nach dem Norden zu wandern, um sich beim Fürsten Heinrich auf der Burg Lubece Auftrag und Sendamt zur Predigt des Evangeliums unter den Slavenvölkern zu erbitten. Dies geschah im Jahre 1126. Der Auftrag wurde bereitwillig erteilt. Liubice sollte mit seiner Burg und den bereits dort lebenden Christen zur erfolgversprechenden Basis einer großflächigen Missionierung der Slavenvölker werden. Das Werk konnte beginnen - doch ohne Vicelin. Als dieser sich nach Empfang des Sendungsauftrags noch einmal nach Hause begeben hatte, um seine persönlichen Dinge zu ordnen und alle Vorbereitungen für seine Aufgabe zu treffen, erfuhr er, daß kurz nach seinem Besuch beim Wendenfürsten Heinrich dieser durch heidnische Mörderhand umgekommen war. Die dadurch entstandenen Unruhen und Gefahren in Liubice bewogen ihn, nicht wieder dorthin zurückzukehren. Statt dessen schlug er auf Anraten seines Bischofs sein Quartier weit genug von Liubice entfernt in dem Grenzort Faldera, dem heutigen Neumünster, auf und gründete dort ein Kloster, von dem aus er nun Boten des Evangeliums in das Land der Wagrier schickte, aber auch das anfangs mit nur geringem Erfolg. Verschlossenheit gegen seine Botschaft und harte Verfolgung machten geringe Erfolge wieder zunichte. Dennoch hinterließen seine Bemühungen hier auf längere Sicht gesehen deutliche Spuren. Die später an mehreren Orten des ostholsteinischen Raumes entstandenen Gotteshäuser sind dafür sichtbare Zeugen. Die Sprachgewohnheit nennt sie "Vicelinkirchen", wenn diese auch bis auf ganz geringe Anfänge erst nach Vicelins Tod am 12. Dezember 1154 errichtet worden sind.

Aber sein Leben sollte nicht zu Ende gehen, bevor er doch noch einmal seinem anfänglichen Auftrag begegnete, der durch die Ermordung des Wendenfürsten in Liubice jäh abgebrochen war. Diese alte Hochburg wendischer Siedlungsgeschichte hatte mehr und mehr ihren Charakter als Stützpunkt christlicher Predigt verloren, den sie seit Gottschalks Tagen in der Person ihrer Fürsten gehabt hatte. Wie dieser, sowie sein Sohn Heinrich, fiel auch dessen Sohn und Enkel und schließlich ein Verwandter aus dänischem Hause auf dem Fürstenthron in Liubice, alle als Christen sich bekennend, heidnischer Mörderhand zum Opfer. Es kann nicht hoch genug angerechnet werden, daß trotz Erlöschen dies christlichen Fürstengeschlechts, das mit dem Niedergang des Wendenreiches einherging, in dem alten Liubice, wenn auch unter harter Bedrängung einer heidnischen Umwelt, eine kleine Minderheit nicht aufhörte, sich als Christen zu bekennen. So war es durchaus folgerichtig, daß Vicelin, inzwischen mit der Erneuerung des verlassenen Bistums Oldenburg betraut, nachdem die Kunde von der Standhaftigkeit der kleinen verängstigten Christengemeinde in Liubice zu ihm gedrungen war, er sich seiner Verantwortung aus dem einstigen Sendungsauftrag von 1126 bewußt wurde und sich dieser Stätte erneut zuwandte, als das Ende des Wendenreichs schon am Horizont stand. Nachdem dieses dann im Jahre 1138 mit der endgültigen Zerstörung Liubices, während die alte Burg Lubece in Flammen aufging, Wirklichkeit wurde, mußte er sich nach einem anderen Fürsprecher umsehen, der ihm den Weg in den Ort der Zerstörung öffnete. Diesen fand er in dem jetzt zuständigen deutschen König Lothar, der ihm im Jahre 1139 den alten Sendungsauftrag von 1126 zur Missionierung unter den Slavenvölkern bestätigte und erneuerte. Dieser Auftrag enthielt für Vicelin die Weisung, die zerstörte Burgkirche in Liubice wieder aufzubauen, und zugleich die Zuordnung eines bestimmten Landgebiets zur weiteren Erhaltung dieser Kirche. Doch auch dazu kam es zunächst nicht. Zum zweiten Mal scheiterte Vicelin an dem Auftrag, die christliche Gemeinde in Liubice um sich zu sammeln, um von hier aus seinen Missionsauftrag unter den Wenden zu verwirklichen. Doch war ihm dieses nicht anzulasten. Die zusammen mit der Burg in Flammen aufgegangene Kirche in Liubice wieder aufzubauen, war sinnlos geworden; denn es waren keine Menschen mehr da, alles war öde und leer. Die der Vernichtung entkommenen Bewohner suchten sich teils etwas weiter stromaufwärts an der Trave einen neuen Siedlungsplatz, dem Ort, von dem aus früher der heidnische Eroberer Kruto angetreten war, um das alte Liubice unter seine Knechtschaft zu zwingen, jetzt zu der Stätte geworden, an dem das heutige Lübeck als Nachfolgerin von Liubice entstehen sollte. Teils aber suchten sie in ihrer Bedrängnis in den Wäldern ihres westlichen Hinterlandes Schutz und mögen diesen an deren rückwärtigen Rändern und spärlich besiedelten Waldlichtungen gefunden haben, besonders auf dem Feld des Ranislav, auf dem das Dorf Ranzevelde im Entstehen begriffen war. Vielleicht sind sie sogar diejenigen, die aus vorher versprengt liegenden Einzelsiedlungen dieses Dorf als einen geschlossenen Õrt haben entstehen lassen, in dessen Mitte sich bald eine Kirche erheben sollte als Ersatz für die in Liubice Untergegangene. Gewiß ist dieses eine Hypothese. Aber im Gefolge dieser Gedanken ist es durchaus vorstellbar, daß sowohl das heutige Lübeck wie der heutige Schwartauer Stadtteil Rensefeld mit seinen über 6000 Einwohnern ihre gemeinsame siedlungsgeschichtliche Wurzel im alten wendischen Liubice haben. Und wenn beide heute nebeneinander bestehenden Orte am Anfang ihrer Geschichtsschreibung von bereits bestehendem christlichen Gemeindebewußtsein zu berichten wissen, so hat auch dieses seine Heimat in der kleinen tapferen Christenschar der 1138 untergegangenen Burgkirche Lubece und der sie umgebenden Häusersiedlungen.

Die neue Lübeckgründung an der Wakenitz, verstärkt durch westfälische Kolonisten, entwickelt sich rasch zu einem lebhaften Handelsplatz, Ranzevelde und seine Umgebung, ebenfalls von solcher zusätzlichen Kolonisation erfaßt, konzentriert sich, weiterhin im Schutz der Wälder, zu planvoller Abrundung bäuerlicher Siedlungsart.

Was aber wird nun aus Vicelins zweitem Sendungsauftrag von 1139? Der damit verbundene Auftrag, die zerstörte Burgkirche in Liubice wieder aufzubauen, war sinnlos geworden, weil es dort keine Menschen mehr gab. Trotzdem bestand der Auftrag, gestützt von höchster Autorität, und darum wußten nicht nur Vicelin, sondern alle damals Verantwortungtragenden. Man konnte diesen Gedanken nicht einfach wegwischen. Die Menschen, die darin Heimat finden sollten, waren ja da, wenn auch jetzt am anderen Ort, und warteten auf ihre Kirche.

Das Ganze hieß "Sendung", also mußte man den Menschen nachgehen dorthin, wo sie jetzt ihre neuen Zelte aufgeschlagen hatten. Am neuen Õrt der im Entstehen begriffenen Handelssiedlung an der oberen Trave? Hier an diesem offenen und noch völlig ungeschütztem Ort hatte man zunächst andere Sorgen. Wenn auch jetzt offiziell Frieden war, mußte hier doch weiterhin mit unkontrollierten Überfällen durch fremde Stämme gerechnet werden. Für die Kirche mußte man nach einem Ort stiller Geborgenheit suchen, für die sich die Wälder um Ranzevelde anboten, zumal mit größter Wahrscheinlichkeit es dieses Gebiet war, was im Vicelinauftrag zur Erhaltung der Kirche bestimmt war. Grundsätzlich war man sich wohl darüber im klaren. Doch die Jahre gingen darüber hin. Das Leben Vicelins neigte sich dem Ende zu. Zunehmendes Alter und Krankheit nahmen ihm, der einmal mit glühendem Eifer seinen Weg hierher angetreten hatte, die Kraft. Als Bischof des wieder eingerichteten Bistums Oldenburg hat er mit schon angeschlagener Gesundheit die Gemeinden seines Sprengels betreut, die Anregung zu mehreren Kirchbauten gegeben und deren Anfang zuletzt noch in Bosau miterlebt, bis er zurückgekehrt nach Neumünster am 12. Dezember 1154 gestorben ist. Seinen Auftrag im Zusammenhang mit Liubice und der Kirche dieser alten Wendensiedlung hat er nicht erfüllen können. Doch hat die innere Größe seiner Persönlichkeit Zeit und Menschen um ihn her so stark geprägt, daß diese sein Werk vollendet haben. Sichtbarer Zeuge dessen ist die Rensefelder Kirche als Hort der Geborgenheit, in der die Tradition der alten Burgkirche von Liubice fortgesetzt wird.

Sechs Jahre nach dem Tode Vicelins erhielt dessen Nachfolger auf dem Bischofsstuhl 1160 die Erlaubnis, den Bischofssitz von Oldenburg nach Lübeck zu verlegen. Das hatte zur Folge, sich Gedanken zu machen über die damit gegebene Notwendigkeit, in Lübeck selbst eine Bischofskirche zu errichten, die in ihren Ausmaßen der zu erwartenden Bedeutung des die Tradition der frühen Oldenburger Tage aufnehmenden, jetzt hier etablierten jungen Bistums entsprach und zur Ehre gereichte. Daneben aber bestand und blieb bestehen das Vermächtnis Vicelins, das gemäß alter Bindung an das untergegangene Liubice seine Erfüllung in Rensefeld finden sollte. Wenn davon in der heutigen Geschichtsschreibung des Lübecker Doms keine Rede mehr ist, gebührt doch der damaligen Generation der Vorfahren Achtung, die es fertigbrachten, altes Vermächtnis und neu aufbrechende Dimensionen miteinander zu vereinigen. So gründete man in den 6oer Jahren des 12. Jahrhunderts eine eigens geweihte Ziegelei, aus welcher der in der Planung begriffene Lübecker Dom die Bausteine erhalten sollte, aber nicht dieser alleine, sondern wahrscheinlich sogar vorher die Rensefelder Kirche. Wenn man heute die alten Ziegelsteine des Doms mit denen des Gotteshauses in Rensefeld vergleicht: es sind dieselben; auch der romanische Baustil, von der unterschiedlichen Größe abgesehen, ist der gleiche. Es ist im Sinne des Gesagten durchaus vorstellbar und entspricht dem hohen Rang der Gemeinsamkeit, daß die Lübecker das Vermächtnis Vicelins im Bau der Rensefelder Kirche zuerst erfüllt haben, bevor sie 1173 den Grundstein zum Bau des Doms als ihrer Bischofskirche legten. Der Wert dieser gemeinsamen Verantwortung aus dem Erbe der alten Burgkirche Lubece nahe der Schwartaumündung in die Trave wird auch dadurch nicht gemindert, daß sich das Interesse später nahezu ausschließlich dem Lübecker Dom zuwandte und damit das Rensefelder Gotteshaus mehr in den Hintergrund trat bzw. dieses und die es umgebenden Fluren erst wieder in anderen Zusammenhängen ins Licht geschichtlicher Dokumentation traten, wie es z. B. im Jahre 1177 erstmalig geschehen ist.

Wenn so die Linien möglicher geschichtlicher Zusammenhänge um die Entstehung der Rensefelder Kirche auch beginnen, klare Konturen anzunehmen und nur noch vor einer wenige Jahrzehnte umfassenden Zeitspanne fragend verharren, so drängen doch die alten Mauern unseres Gotteshauses darauf, nun vollends in das Licht präziser Datierung eingeordnet zu werden. Dabei hilft die Tatsache, daß es die Verwendung von Ziegelsteinen bei Sakralbauten in unserer weiteren Landschaft nicht vor 1150 gegeben hat. Hinter diese Zeitgrenze zurückzugehen auf der Suche nach der Gründung unserer Kirche, wäre völlig abwegig. Dasselbe gilt für alle Lübecker Kirchen in Ziegelbauweise, deren Entstehung in ähnlicher Weise nur schwerlich einigermaßen genau datiert werden kann. Da die Rensefelder Kirche im Jahre 1177 urkundlich nachzuweisen ist (siehe die Umschlagseite dieser Festschrift - hier lateinisch - und auf Seite 11 in deutscher Übersetzung), engt sich damit der Zeitraum des Suchens nach ihrem Baujahr auf die geringe Spanne der 27 Jahre zwischen 1150 und 1177 ein, wobei von beiden Grenzwerten mit Sicherheit noch ein beträchtliches Stück abgerückt werden kann. Um die verbleibende Restzeit noch weiter durchleuchten zu können, bietet sich der Name der Rensefelder Kirche an, die auf die beiden Märtyrer Fabian und Sebastian geweiht ist: Fabian, ein römischer Bischof, erlitt den Märtyrertod unter dem Kaiser Decius am 20. Januar des Jahres 250; Sebastian, ein Hauptmann der römischen Legion, ging am 20. Januar des Jahres 288 unter dem ebenso brutalen Christenverfolger Kaiser Diokletian für seinen christlichen Glauben in den Tod. Wenn unsere Rensefelder Vorfahren ihrer Kirche die Namen dieser beiden Märtyrer gegeben haben, hat die Weihe der Kirche mit absoluter Sicherheit an einem 20. Januar stattgefunden, dem Tag aliso, der im alten Namenskalender der Kirche die Namen dieser Märtyrer des christlichen Glaubens, Fabian und Sebastian, von altersher trägt.

Es geht daher jetzt nur noch darum, festzustellen, was über exakte Kalenderberechnungen ohne Schwierigkeit möglich ist, wann zwischen 1150 und 1177 der 20. Januar ein Sonntag war; denn die Weihe einer Kirche hat zweifellos innerhalb eines Sonntagsgottesdienstes stattgefunden, auf keinen Fail an einem Wochentag. Dieses trifft zu für die Jahre 1152, 1157, 1163 und 1174. Die beiden zuerst genannten Jahre scheiden aus den schon genannten Gründen aus. Vor 1160 gab es noch keinen Bischofsstuhl in Lübeck, der Veranlassung für die Vorbereitung eines Dombaus in Gestalt der Gründung einer dafür bestimmten geweihten Ziegelei gewesen wäre, und damit auch nicht für die mit ihm im Zusammenhang stehende Rensefelder Kirche. Erst nachdem Bischof Gerold seinen Bischofssitz in Lübeck eingenommen hatte, waren derartige Vorkehrungen und Vorbereitungen möglich; dann allerdings kann er sehr bald danach damit begonnen haben. Die im Verhältnis zum Dom sehr viel kleinere Rensefelder Kirche kann durchaus mit einer Bauzeit von 2 Jahren ausgekommen sein, so daß der 20. Januar 1163 als Weihedatum dieser Kirche sehr wohl denkbar ist. Doch auch 1174 als letztmögliches Datum kann nicht ausgeschlossen werden. Es ist aber dabei zu bedenken, daß dieses Datum der Urkunde von 1177 schon sehr nähe ist. Wenn man diese liest, hat man den Eindruck, daß die darin erwähnte Rensefelder Kirche ein längst feststehender Begriff ist.

Wäre sie erst drei Jahre vorher erbaut worden, hatte man in dieser Urkunde wohl mehr Aufhebens um sie gemacht, sie etwa die "neue" oder "junge" Kirche genannt. Auch war die ihr geltende Hufenzuordnung, auf die in der Urkunde Bezug genommen wird, eine offenbar längst feststehende Regelung, die nicht gerade eben vorher erst zustande gekommen sein wird. Mir scheint daher, wenn ich auch 1174 nicht ausschließe, der 20. Januar 1163 als Weihetag der Rensefelder Kirche die größte Wahrscheinlichkeit zu haben. Ich habe mir die Freiheit genommen, als im Jahre 1963 der 20. Januar wieder auf einen Sonntag fiel, der im Gottesdienst versammelten Gemeinde im Anschluß an die Predigt zu sagen: "Obwohl ich es nicht exakt nachweisen kann, bin ich persönlich der festen Überzeugung, daß heute unsere Rensefelder Kirche 800 Jahre alt ist."

Wenn wir also am 20. Januar 1977 die 8oo-Jahrfeier unserer Kirche festlich begehen, so hat sie ihren 800. Geburtstag schon um ein beträchtliches Stück überschritten. Was wir in diesem Jahr feiern, ist in Wirklichkeit nur das Datum der 800jährigen Wiederkehr jener Urkunde von 1177, in der unsere Kirche erwähnt wird im Zusammenhang mit der Schenkung des halben Dorfes Rensefeld an das in diesem Jahre gegründete Johanniskloster in Lübeck. Dennoch Grund genug zur Dankbarkeit und keine Ursache, wegen einiger Jahre oder gar Jahrzehnte des Alters dieser Kirche zu streiten, etwa den zeitlichen Vorrang vor anderen Gotteshäusern jener frühen Tage zu suchen. Entscheidend aus der Sicht der gegenwärtigen Gemeinde ist die Tatsache, daß hinter ihr eine Tradition christlichen Gemeindebewußtseins von 800 und mehr Jahren am gleichen Õrt lebt, wenn sie sich hier in der Rensefelder Kirche zum Gottesdienst versammelt.

Aufs Ganze gesehen hat die Kirche St. Fabian und Sebastian ihre Gestalt durch die Jahrhunderte hindurch behalten. Sie ist zweifelsohne von vornherein auf die Größe angelegt, wie wir sie heute vor Augen haben. Dennoch hat sie im einzelnen allerlei Änderungen hinnehmen müssen und auch Erweiterungen erfahren. Frühester Anlaß dazu war eine arge Verwüstung, die ihr im Jahre 1234 angetan wurde. Ein vom Zorn besessener Haufe von Lübeckern hatte sich aus irgendwelchen Rachegedanken über sie hergemacht. Diese mögen im Zusammenhang mit den Spannungen gestanden haben, die von vornherein zwischen Bischof und Domkapitel bestanden haben und sich auch auswirkten zwischen der Stadt Lübeck und den außerhalb derselben gelegenen Einflufibereichen des Bischofs. So ist dieser wohl daran gehindert gewesen, die ihm obliegende Gerichtsbarkeit in der Stadt selbst auszuüben. Dieses lassen zahlreiche Bischofs- und Grafenurkunden jener Tage erkennen, die im bischöflichen Gerichtsdorf Rensefeld ausgefertigt worden sind. Ein solcher Rechtssprechungsakt oder eine Urkundenbesiegelung, ausgefertigt in Rensefeld, mit derem Inhalt die Betroffenen aus Lübeck nicht einverstanden waren und darüber in großen Zorn gerieten, mag der Grund dafür gewesen sein, daß sie sich rächend in blinder Zerstörungswut an der bischöflichen Kirche zu Rensefeld vergangen haben. Wahrscheinlich sind schon damals im Zuge der Wiederherstellung der Kirche die beiden Seitenteile neben dem Chorraum angefügt worden, so daß jetzt zum Hauptschiff der Kirche ein Querschiff hinzukam und damit die Grundform eines Kreuzes entstand, die man von vielen Kirchen her kennt. Auch die Fenster, deren einziges in der ursprünglichen Form in der Apsis erhalten geblieben ist, haben im Laufe der Zeit mehrfach Änderungen erfahren. Darüber Näheres in dem Beitrag von Architekt Weber auf Seite 49 dieser Schrift.

Den heftigsten Eingriff in den alten Bestand der Kirche hat sich der Turm gefallen lassen müssen. Früher ebenso wie die Kirche in Ziegelbauweise aufgeführt, wohl noch etwas breiter als der heutige - die Fundamente zeigen dieses - im übrigen in seiner quadratischen Form dem jetzigen ungefähr gleich, vielleicht noch etwas gedrungener, das Kirchendach nur um ein Geringes überragend, fiel der ursprüngliche Turm im Jahre 1693 einer unglaublichen Modeliebhaberei zum Opfer. Im Oktober dieses Jahres- so berichtet die Chronik - begann man mit dem Neubau, wozu man sich eigens einen italienischen Baumeister, namens Antonio Petri, kommen ließ. Italiener mögen damals als Garanten für eine besonders gekonnte Turmbauweise in Felsmaterial gegolten haben, und eben das galt wohl in jenen Tagen als im höchsten Grade erstrebenswert. Möglicherweise wollte man vor anderen alten Kirchen im ostholsteinischen Raum bestehen können, die solche Felsentürme von vornherein hatten. Doch die anfängliche Freude am Gelingen dieser aufwendigen Maßnahme schlug bald ins Gegenteil um: Der neue Felsenturm, auf den man sehr stolz war, ließ die Gemeinde in tiefe Schulden geraten. Aber auch das blieb für die nachfolgenden Generationen nicht die einzige Sorge. Das so wuchtig und stabil anmutende Bauwerk des Italieners stellte sich als äußerst dürftig heraus. Nach noch nicht einmal 100 Jahren war der neue Turm vom Einsturz bedroht. Dem konnte man nur mit Mühe wehren durch das intensive Einflicken von großen Klosterformat-Ziegelsteinen, also mit dem Baumaterial, das man seinerzeit verachtet hatte. Doch auch diese Reparatur sollte dem Turm noch keine Ruhe geben. 1847 faßte man den Plan, den Turm mit einem Helm, also einer hoch aufragenden Spitze zu versehen. Man kann wohl sagen: Glücklicherweise unterblieb das aus Gründen zu schwacher Stabilität des Mauerwerks. Doch ließ die Verantwortlichen das Projekt nicht los: Schon wenige Jahre danach im Jahre 1854 wurde beschlossen, letztlich aber doch nicht ausgeführt, den Turm abzubrechen und völlig neu zu bauen. Es blieb statt dessen bei der weiteren Ausflickung durch Ziegelsteine, jetzt des kleineren Gebrauchsformats, wodurch der Rensefelder Kirchturm sein buntes Bild aus allen möglichen Materialsorten erhalten hat und in diesem Charakteristikum 100 weitere Jahre einigermaßen überstehen konnte. Als aber im Jahre 1964 sich eine große Gemeinde in der Kirche zur Konfirmation eingefunden hatte und man nur noch auf den feierlichen Einzug der Konfirmanden wartete, stürzten 2 schwere Felsbrocken aus dem Gemäuer des Turms, die sich gelöst hatten, und mit ihnen die sie umgebenden Ziegelsteine in die Tiefe direkt vor das Hauptportal der Kirche. Wenn auch zunächst nichts Weiteres passierte, die Konfirmation auch ohne Not noch durchgeführt werden konnte, mußte doch gleich anschließend aus Sicherheitsgründen der Turm und damit der Haupteingang der Kirche abgesperrt werden. Einige vorsorgliche Schutzmaßnahmen und behelfsmäßige Absicherungen der Schadenstellen im Mauerwerk ließen es zu, die längere Zeit brauchenden gründlichen Vorbereitungen für eine jetzt fällige Totaluntersuchung und durchgreifende Stabilisierung des Turms einzuleiten, die dann der Auftakt zu der 1965 beginnenden Gesamtinstandsetzung und Restaurierung der Kirche wurde. Wenn frühere Zeiten sich mit meist nur äußerlich wirksamem Ziegelflickwerk begnügt hatten, kam jetzt der Baustoff unserer Tage hinzu in Gestalt des Betons. Man begnügte sich nicht mit der Schließung der Außenhaut des Gemäuers, sondern stabilisierte dieses mit dem Werkstoff Beton bis in die innersten Tiefen der Hohlräume hinein, so daß nach Abschluß der Arbeiten die Fachleute den zuversichtlichen Ausspruch tun konnten: Jetzt steht der Turm für Jahrhunderte und wird nach menschlichem Ermessen, wenn ihm nicht von außen oder durch höhere Gewalt Schaden zugefügt wird, für viele Generationen das Wahrzeichen der Rensefelder Kirche bleiben.

Wenn es auch um die geschichtlichen Zusammenhänge Rensefelds mit Lübeck, dem Dom und Bischof in späteren Jahren stiller wurde - auf Kaltenhof zog der bischöfliche Wirtschaftshof das Interesse auf sich, nachdem bis dahin das Bischofsdorf Rensefeld im Mittelpunkt des Geschehens gestanden hatte; in Eutin wird das Kollegiatstift gegründet und wird zur ständigen Residenz des Lübecker Bischofs -, bleibt doch auf gemeindlicher Ebene ein Miteinander zwischen Rensefeld und Lübeck bestehen, das sich darin ausdrückt, daß alle lübschen Außenbezirke im Norden der Stadt bis Ende des vorigen Jahrhunderts zur Rensefelder Kirche gehörten. Noch heute stehen die Namen dieser lübschen Ortschaften an der Emporenbrüstung der Rensefelder Kirche und trägt der große Kronleuchter im Altarraum für jeden sichtbar den lübschen Doppeladler als Symbol dieser alten Verbundenheit, die, wenn auch kommunalpolitisch heute getrennt, geschichtlich seit den Tagen Vicelins besteht. Geht man durch die älteren Gräberreihen des Rensefelder Friedhofs, findet man dort manchen Namen aus den Familien der damals lübschen Eingepfarrten; es gibt sogar Einzelne aus jenen Lübecker Gemeindeteilen, die noch heute an ihrem Grabrecht auf dem Rensefelder Friedhof festhalten.

Die Kirchengemeinde Rensefeld war es von altersher gewohnt, verschiedenen territorialen Gebietshoheiten innerhalb ihrer Gemeindegrenzen zu begegnen. Sie setzte sich aus bischöflichen, domkapitularischen, holsteinischen und stadtlübeckischen Gebieten zusammen, ohne daß diese Buntscheckigkeit dem Bewußtsein des Zusammengehörens in einer Kirchengemeinde abträglich war. Das hat sich bis in die Gegenwart fortgesetzt, wenn auch unter anderen Namen und kommunalen Gegebenheiten: Die Kirchengemeinde Rensefeld hat es heute gebietsmäßig mit zwei politischen Gemeinden Bad Schwartau und Stockelsdorf zu tun. Wenn um die letzte Jahrhundertwende eine Teilung der Rensefelder Kirchengemeinde vorgenommen wurde, dann war das in ihrer übergroßen Weiträumigkeit mit immer mehr anwachsenden Gemeindegliederzahlen begründet und nicht etwa in der bewußten Abkehr von der territorialen Verschiedenheit, wenn das auch in der Praxis dazu führte. Mit der Jahreswende 1868/69 hatte man schon einen zweiten Pfarrbezirk unter der Bezeichnung Rensefeld Süd gebildet, der die lübschen Gemeindeteile und Stockelsdorf einschließlich dessen Umlandes umfaßte. So war es folgerichtig, daß nach weiterem Anwachsen der Gemeinde 30 Jahre später im Jahre 1899 eine Teilung vorgenommen wurde in der Weise, daß die Gebiete des Bezirks Süd aus der Kirchengemeinde Rensefeld ausschieden, der Stockelsdorfer Teil zu einer eigenen Kirchengemeinde erhoben wurde und die lübschen Teile einstweilen den Gemeinden St. Matthäi und St. Lorenz in Lübeck angegliedert wurden, bis in jüngerer Zeit auch diese in eigene Kirchengemeinden umgebildet wurden. Damit hielt aber für die restliche Kirchengemeinde Rensefeld das stetige Anwachsen und weiteres Abgliedern von Tochtergemeinden nicht auf: 1914 wurde mit Sitz in Bad Schwartau erneut ein zweiter Rensefelder Pfarrbezirk gebildet, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg ein dritter in Bad Schwartau und kurz darauf ein vierter Pfarrbezirk in Cleverbrück. Das weitere Anwachsen der Gemeindegliederzahlen in allen vier Bezirken infolge des Zustroms der Bevölkerung aus den deutschen Ostgebieten und der Tendenz des Hinauswachsens der Großstadt Lübeck in die Außengebiete führte im Jahre 1960 zur Teilung der ehemaligen Gesamtgemeinde Rensefeld in drei selbständige Kirchengemeinden: Rensefeld, Bad Schwartau und Cleverbrück. Gleichzeitig mit dieser gemeindehoheitlichen Trennung rückten die neu gebildeten Gemeinden wieder zusammen in Form der Gründung eines Kirchengemeindeverbandes, der die Verwaltung der drei Kirchengemeinden besorgt und das Friedhofswesen einheitlich für alle regelt. In jüngster Zeit haben weiteres Anwachsen der Gemeinden zur Einrichtung einer zweiten Pfarrstelle Cleverbrück und schließlich das Gleiche in Rensefeld geführt. Wenn man nun einmal alle Pfarrbezirke zusammenrechnet, die aus der Muttergemeinde Rensefeld im Laufe der Zeit hervorgegangen sind, so sind dieses 5 Pfarrstellen auf Lübecker Gebiet 2 in Stockelsdorf und 6 im Bereich des Kirchengemeindeverbandes Rensefeld-Bad Schwartau, also zusammen 13 Pfarrbezirke in 7 Kirchengemeinden in dem Gesamtraum der früheren Kirchengemeinde Rensefeld, die bis 1868 von einem einzigen Pastor versorgt wurde, und in der es bis kurz nach der Jahrhundertwende nur die eine Rensefelder Kirche gab, um die sich die gesamte große Gemeinde sammelte. Außer der Stockelsdorfer Kirche, die schon 1905 gebaut wurde, sind alle anderen Tochterkirchen des alten Rensefelder Gotteshauses erst in den letzten 25 Jahren entstanden. Als einzige weitere Stätte der Verkündigung aus alten Tagen in dem ehemaligen Gesamtraum der Rensefelder Gemeinde ist die Kapelle des mittelalterlichen Siechenhauses, heute Georgskapelle genannt, in Bad Schwartau zu nennen, die ihrerseits in die früheren Jahrhunderte der Gemeindegeschichte zurückreicht.

Einen langen Weg hat die Kirche St. Fabian und Sebastian zu Rensefeld durch die Geschichte zurückgelegt. Acht Jahrhunderte sind an ihr vorübergegangen. Menschen vieler Generationen sind in ihr ein- und ausgegangen. Die Liste der Rensefelder Pastoren, soweit die Chronik sie überliefert hat, zählt 28 Namen, 36, wenn man die Pastoren der mit der Rensefelder Kirche eng verbundenen gegenwärtigen Kirchengemeinden Bad Schwartau und Cleverbrück mit hinzurechnet. Der ältest bekannte Pastorenname an der Rensefelder Kirche wird in einer Urkunde vom 21. August 1392 in folgender lateinisch abgefaßter Nominierung genannt: "dilecto Heinrico Schutten Capellano nostro Reetori parochialis Ecclesie beatorum Fabiani et Sebastiani martirum in Rensevelde nostre luberensis diocesis . . .« Von der Mitte des 16. Jahrhunderts an ist die Liste der Rensefelder Pastoren lückenlos vorhanden. Viele von ihnen haben ihren irdischen Lebensweg hier in Rensefeld vollendet und ruhen teils im Grunde der Kirche, teils auf dem sie umgebenden alten Rensefelder Kirchhof.

Nach Schutz und Geborgenheit vor den Schreckensfolgen des Untergangs und der Zerstörung der alten Wendenburg Liubice haben die Väter unserer Kirche gesucht und sie gefunden an der Stelle, wo auch heute noch nach 800 Jahren dieselben Mauern der gegenwärtigen Gemeinde Geborgenheit unter der Botschaft des Evangeliums von Jesus Christus schenken. Möge die Predigt des Wortes Gottes und die Spendung der Sakramente der Taufe und des Abendmahis hier in der alten Rensefelder Kirche, umgeben von dem Ruhe und Frieden gebietenden Blätterdach hoher Bäume, weiterhin Heimat finden und für alle Zeit behalten, bis der ewige Gott und der Herr für uns die Tür zu seinem Reich der Herrlichkeit aufschließt.


Das kirchliche Archivgut

von Horst Weimann

Diese kurzen Hinweise sollen dazu beitragen, die sowieso schon sehr intensive heimatkundliche Forschung im Bereich der Ev.-Luth. Landeskirche Eutins und speziell im Rensefelder Kirchspiel gezielt mit Quellen-Signaturen zu versorgen. Die einschlägigen Verzeichnisse und Repertorien stehen - abschriftlich - im Eutiner landeskirchlichen Archiv und können eingesehen werden.

I.

Im Schl. Holst. Landesarchiv (Schloß Gottorf) befinden sich u. a. in der Urk. Abtl. 260, Bistum Lübeck, Landessachen, div. Urkunden zur Geschichte Alt-Lübecks, ferner zur Geschichte des Siechenhauses/Schwartau die Urkunden v. 25. Dez. 1260 des Bischofs Johannes, der den siechen Schwestern zu Schwartau ein neues Regulativ gibt und v. 4. März 1258 betr. Erweiterung der Besitzungen der siechen Schwestern von dem Hospital bei Schwartau nach der Gegend von Rensefeld hin durch eine Waldung und der Erlaubnis, einen Priester zu halten und ihre Angehörigen bei sich zu begraben; am 23. April 1443 urkundet Bischof Nicolas über die dem Siechenhaus zu Schwartau neu gegebenen Hausregeln und geschenkten Einkünfte.

Unterm 7. Mai 1333 urkunden die Testamentsvollstrecker des Magisters/Thesaurus Johan Bulen über die Stiftung einer Vicarie aus dem Dorf Cleve im Kirchspiel Rensefeld zu Ehren der heiligen Martha in der Domkirche zu Lübeck, u. a. m.

Unter »Eutiner Regierung«, Gruppe II, Religionssachen, befinden sich unter 11.1. Generalia im Allgemeinen / Aa 34.36. Todesbescheinigungen 1858, 1860/ A.a. 40 Parochialrechte des Kirchspieis Rensefeld 1862/Aa. 41.47 Konfirmations- und Schulunterrichtsakten 1872.1887/

Aus mir nicht bekannten Gründen sind im Jahr 1911 in der Abteilung II.I.A.b.c.d.e.B.C.D.E.F.G.H.J Vernichtungen von voluminösen Aktenbeständen vorgenommen worden, in denen sich mit Gewißheit statistische und sonstige Fakten aller Kirchspiele befunden haben, die unwiderbringlich verloren sind. U. a. sind vernichtet II.I.A.e3 betr. die 1789 erfolgte Verlegung des Konfirmationstages in Rensefeld und II.I.A.e4 betr. die 1736er Exemtion des Kirchspiels Rensefeld von den in der Polizeiverordnung vorgeschriebenen 3 Gevattern. Erhalten geblieben ist II.I.A.eII betr. einer Cop. 1855 - Fr.Voss/Schwartau.

Bei der Vernichtung von Aktenbeständen aus II.I.B. sind für die Kirchenkunde, das Examen catecheticum, Kommunion und Kinderlehre, Catechismus, Visitationspredigt, Religionslehre, kirchl. Fürsorge und Kirchenverfassung wichtige Akten in Verlust geraten. Vorhanden ist II.I.B.14 betr. das f. Rensefeld erlassene Organisationsgesetz. Vernichtet wurden Teilbestände von II.I.C(I-II), erhalten blieben 22-33 (Festtage, kirchl. Feiern), vernichtet Teile von II.I.D (Religionssachen, Austritte), II.I.E (Gesangbuch, Choralmelodienbuch u. a. m.). II.I.F (Kirchenbuchwesen), II.I.G (Candidaten, Ordination, Prüfung), II.I.H Versicherung der Kirchengebäude, darunter Rensefeld betr. Akte II..I.H.3 von 1834) und II.I.J (Sonstige Generalia, darunter vernichtet II.I.J.2 Rensefelds Kirchenrechnungen betr. o.D. und 14 betr Urlaubsgesuche, aber erhalten II.I.J.33.34 betr. Opfergeld, Ablösungen 1855 und II.I.J.42 betr. eine etwaige neue Visitationsordnung 1865/.

Unter 11.2. (Kirchen im Fürstentum) sind unter G die Akten des Kirchspiels Rensefeld verzeichnet (Repertorium pag. 549-619):

II.2.G.

a Visitationen, Rechnungsaufnahmen und Kirchenconventssachen, Visitationen (1777-1879) pag. 549-568

b Predigerdienst, Predigerwitwen (1668-1892) pag. 569-576

c Organisten- und Schuldienst (1638-1889) pag. 581

d Kirchenjuratendienst, Totengräber (1737-1822) pag. 583

e Pastoratländereien/Organistenland (Flohr) (1599-1850) pag. 585-590

f Kircheninventarien, Kirchenbuch, Predigergebühren und kirchl. Gebühren überhaupt, Parochialverhältnisse (1646-1896) pag. 591-594

g Kirchenstühle, Kirchhof, Gräber (1676-1889) pag. 597-598

h Pastorat, Pastoratwitwen- und Organistengebäude, Bausachen der Kirche, Kirchenhäuser (1680-1898) pag. 601-606

i Activa und Passiva der Kirchencasse(1805-1844) pag. 609-610

k Kirchenrechnungen (1664-ca.1900) pag. 611

l Varia (Verordnungen betr. d. Rensefelder Kirche; alte Rensefelder Briefe; Moryer Kapelle 1750; Gottesdienstordnung 1772; Taufen 1779; Anlagegelder d. Gutes Mory 1803; Abendmahlsversorgung 1808 ff; Kirchspielsscheffel 1809; rückständige Kirchenanlagen 1809 ff; div. Sachen aus Busses Amtszeit; Kirchenrat 1815; Abendmahl im Armenhaus zu Schwartau 1838; Schulbibliothek 1870; ab 1874 Kirchenfuhren, Diakonie, Bausachen/ pag. 613-618

m-n Organisation der Kirchengemeinde Rensefeld (189 9-1902) pag. 618/1

o Organisation der Kirchengemeinde Stockelsdorf (1899-1907) pag. 618/2

II.

In 'Episcopalia' des Archivs der Hansestadt Lübeck sind u. a. verzeichnet (z. Tl. abgedruckt in Urkundenbüchern): Nr. 33 betr. Excesse in Kaltenhof und im Dom (10.7.1299)/Nr. 162a betr. Vertrag des Bischofs Grimhold und dem Lübecker Rat wegen der Territorialhoheit über die die Mühle in Schwartau umgebenden Grundstücke, den Wasserstau und die an Stelle eines ehemaligen Kreuzhauses etwa zu errichtenden Gebäude (20. April 1517)/Nr. 168 Kaltenhof-Gebäudereparaturen und event. Neubau (15. März 1576)/Nr. 173 betr. Schleifung der Befestigungen von Kaltenhof (22. März 1627)/Nr. 184 betr. Staugrenzen am Tremser Teich (22.7.1846)/Nr. 185 betr. Eisenbahnverbindung Eutin-Lübeck (16.4.1870).

III.

Im Niedersächsischen Staatsarchiv in Oldenburg i. O. befinden sich im 'Bestand 30' unter III.34.9/V.39.7 (f.d.Zt. von 1773-1799)/VII.39.7. (f.d.Zt. von 1801-1810)/VIII.32.7. (f.d.Zt. von 1811-1814)/XI.32.7. (f.d.Zt. von 1826-1843)/XIV.51.8. (f.d.Zt. von 1847-1857)/XVI.60.II.ff. wesentlich Bestände zu allen Kirchensachen, Personalien, Catechismus- und Gesangbuchfragen usw. Im Bestand 134/427.428 Pfarrer in Rensefeld (1867-1915) / 134/429 Organist, Siechenhauskapelle (1884-1901) / 134/430 Schenkung einer Friedhofskapelle (1890).

IV.

Im Magazin der Ev.-Luth. Landeskirche Eutin stehen diejenigen Archivalien Rensefelds, die vornehmlich im 19. und 20. Jahrhundert in der Kirchengemeinde- und Pastoratsregistratur entstanden sind: Konvents- und Visitationsbegleitakten (1813-1921), Kirchenverfassungsfragen, Wahlen, Gemeindekirchenrat (1849-1955), Proclams (1863-1908), Vermächtnisse (1828-1928), Vermögensübersichten, Ländereien und Verpachtungen, Fuhrpflichten, Inventare, Bau- und Orgelakten der neuen Zeit, Gottesdienste und Amtshandlungen, Jugend und Schule, kirchl. Vereinswesen u.a.m., die ganze Breite der kirchlichen Gemeindearbeit umfassend.

V.

Im Pastorat zu Rensefeld befinden sich die Kirchenbücher (s. das Verzeichnis in: Lübecker Beiträge zur Familien und Wappenkunde, Heft 8/November 19-76, S. 33, herausggb. vom Arbeitskreis für Familienforschung e. V. Lübeck), ferner bedeutende mehrbändige Chroniken und die laufende Registratur.

Das Bischofsdorf Rensefeld

von Rektor i. R. Steen

Die Gründung Rensefelds steht im Zusammenhang mit dem Schicksal der wendischen Königsburg Alt Lübeck an der Schwartaumündung. Als diese im Jahre 1138 in Flammen aufgegangen war, erhielt der Wendenapostel Vizelin den Auftrag, die mitzerstörte Burgkirche wieder aufzubauen, und zu deren Unterhalt wurde ihm ein Landstrich um Alt Lübeck zur Nutzung übertragen. Die darüber ausgestellte Urkunde überliefert nichts über Umfang und Lage dieses Landstrichs; aber aus späteren Urkunden ist ersichtlich, daß es sich ziemlich genau um das Gebiet des heutigen Raumes von Bad Schwartau, ausgenommen Groß Parin, gehandelt haben muß.

Aus der geplanten Kirche in Alt Lübeck wurde nichts, und auch von der Nutzung des genannten Landstrichs machte man vorläufig keinen Gebrauch. Erst als 1160 das von Vizelin gegründete Bistum Oldenburg nach der neuen Stadt Lübeck verlegt worden war, rückte die Gegend um Alt Lübeck wieder mehr in den Blickpunkt der Bischöfe. Alt Lübeck selber blieb allerdings eine wüste Stätte. Man entschied sich für einen günstigeren Ort, an dem eine neue Siedlung und die geplante Kirche entstehen sollten. Der Ort hieß Rensefeld, und im Jahre 1177 wurde er zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Anlaß dazu war die Gründung des Lübecker Johannisklosters, dem der Bischof gleichsam als Morgengabe das halbe Dorf Rensefeld zusprach. Nach Aussage der Urkunde umfaßte das Dorf 30 Hufen, von denen der Bischof sich selber und dem Domkapitel je vier Hufen ausbeschied. Vom Rest fiel die südliche Hälfte dem genannten Kloster zu, das dort etwa 20 Jahre später ein Dorf namens Cleve gründete.

Rensefeld darf als älteste deutsche Siedlung im Raum um Alt Lübeck gelten, und es ist für sein Alter bezeichnend, daß in seinem Namen - wie bei anderen frühen Kolonistendörfern - noch die eben vergangene Wendenzeit nachklingt. An der Schreibweise in der Urkunde von 1177 ("ranze = velde") erkennt man neben dem deutschen Grundwort "velde" das fremdartige Bestimmungswort "ranze". Letzteres ist wendischen Ursprungs und wird gedeutet als eine Verstümmelung des wendischen Personennamens "Ranislav", den man etwa mit "Frühruhm" übersetzen kann.

Durch spätere Urkunden ist überliefert, daß Rensefeld in seiner Frühzeit zu den fünf Gerichtsorten des Lübecker Bistums gehörte. Eine Urkunde von 1258 berichtet, daß der Rensefelder Dorfvogt einem Hofverkauf im Dorfe seine Zustimmung gab. Es bleibt unklar, ob dieser Vogt im Namen des Bischofs urteilte oder im Dienst der holsteinischen Grafen stand, denen damals noch die höhere Gerichtsbarkeit, z. B. das Halsgericht (Todesurteil), zukam. Aus anderen Urkunden ist zu erkennen, daß Bischof und Graf zuweilen auch gemeinsam in Rensefeld zu Gericht saßen. Es war damals offenbar Rensefelds große Zeit, die leider nicht sehr lange anhielt. Eine Urkunde von 1287 berichtet zwar, daß die einst dem Johanniskloster zugesprochene Hälfte Rensefelds mit der inzwischen errichteten Wassermühle "Lutke Mölen" (Kleinmühlen) wieder in den Besitz des Bistums gelangt sei; aber um die gleiche Zeit war Bischof Burchard von Sercken wegen seines Landgutes Kaltenhof in einen jahrzehntelangen Streit mit der Reichsstadt Lübeck geraten, durch den ihm diese Stadt so sehr verleidet wurde, daß er sich grollend nach Eutin zurückzog und dort eine zweite Bischofsresidenz schuf. Dadurch lockerten sich auch die bisherigen Beziehungen zu Rensefeld. Wichtiger wurde jetzt das wirtschaftlich einträgliche Landgut Kaltenhof, an das Rensefeld wohl auch sehr bald seine Funktion als Gerichtsort verlor.

Erst zur Zeit der Reformation taucht blitzartig wieder der Name des Dorfes auf. Aus der sogenannten Türkensteuerliste erfahren wir einiges über die damaligen Einwohner Rensefelds. Wir treffen dort auf Namen, die uns zum Teil noch heute im Orte vertraut sind: Clawes Everdes (Claus Evers), Hinrik Jordens (Jürgens?), Hans Vicke (Fick), Hans Capelle, Hans Holste . . . Insgesamt zählen wir 18 Einwohner, und hinter acht Namen stehen Vermögensangaben von 60-160 Mark. Vermutlich handelt es sich hier um die acht Vollhufner des Dorfes, während die übrigen Einwohner Kätner mit entsprechend weniger Vermögen waren. In dem an erster Stelle genannten Clawes Everdes darf man den damaligen Bauernvogt vermuten. Dieses Amt ist wahrscheinlich schon früh mit der Evershufe erblich verbunden gewesen.

Ein Jahrhundert später, zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges, werden die Nachrichten über Rensefeld reichlicher. Aus der Heuerliste von 1634 und den seit 1641 geführten Kaltenhofer Amtsrechnungen erhalten wir Aufschluß über neue Einwohner und bäuerliche Abgaben. Letztere beruhten teils noch auf sehr altem Herkommen aus der Naturalwirtschaft. Außer vom "Rauchhuhn", einer Abgabe für jedes Haus, in dem das Herdfeuer unterhalten wurde, ist die Rede von Gänse-, Lämmer-, Eier-, Hafer- und Roggengeld. Mehrere Hufen waren damals durch die Kriegsnot "wüst" geworden.

Über den bäuerlichen Alltag berichtet das Rensefelder Erdbuch von 1710. Damals beherbergte das Dorf 8 Vollhufner, 2 Viertelhufner, 7 Eigenkätner und 21 Einwohner, die zur Heuer (Miete) wohnten. An Gewerbetreibenden zählte man 2 Krüger, 1 Rademacher, 1 Grobschmied, 1 Kratzenmacher, 1 Kleinschmied, 2 Schlachter, 2 Schuster, 3 Schneider, 4 Leinweber und 1 "Babier".

Für die Bauern im Dorf war es eine drückende Last, daß sie zusammen mit den Ratekauern fast täglich zu Hand- und Spanndiensten auf dem bischöflichen Landgut Kaltenhof antreten mußten. Davon wurden sie erst befreit, als 1750 das Gut an auswärtige Pächter vergeben wurde. Dafür verlangte aber der Eutiner Fürstbischof jetzt von den Bauern ein jährliches Dienstgeld von 27 Talern.

Noch länger mußten die Rensefelder Bauern damals auf die Befreiung von dem sogenannten Flurzwang warten. Der Flurzwang war eine bis ins Mittelalter zurückreichende Wirtschaftsform, nach der die Bauern nicht frei auf eigenem Grund und Boden wirtschaften konnten, sondern die gesamte Dorffeldmark in gro?e gemeinsame Kämpe aufgeteilt war, von denen jeder Bauer jedes Jahr einen anderen Ackerstreifen zur Bearbeitung zugewiesen bekam. Sowohl die Fruchtfolge als auch die Zeit für Saat und Ernte wurden nach althergebrachten Regeln festgelegt. Auch die Zahl der Kühe eines Bauern durfte eine gewisse Grenze nicht überschreiten. Die gesamten Dorfkühe weideten unter der Aufsicht des Dorfhirten auf der gemeinsamen Weide. Das Borstenvieh wurde vom Schweinehirten zur Mast ins Küster- oder Rocksholz getrieben. Beide Hirten bewohnten gemeinsam die Rensefelder Hirtenkate, die gleich neben dem Hof des Bauernvogts Evers stand. Dem dörflichen Flurzwang erging es wie dem Zunftwesen in der Stadt, beide erstarrten mit der Zeit in veralteten Formen und verschlossen sich damit einem gesunden Fortschritt. Bei dem Umstand zum Beispiel, daß die Bauern durch den Flurzwang genötigt waren, jedes Jahr ihre eben bearbeiteten Ackerstreifen wieder einem anderen zu überlassen, empfanden sie wenig Lust zu einer vernünftigen Bodenpflege, wenn ein anderer die Früchte ihrer Arbeit erntete. Die Folge war eine zunehmende Auspowerung und Verunkrautung des Ackerlandes, so daß man sich schließlich allgemein bei einem Scheffel Aussaat mit nur zwei Scheffeln Ernte begnügen mußte. Die Rensefelder Bauernschaft erkannte verhältnismäßig früh diesen Übelstand. Schon im Jahre 1730 brachten sie bei der Eutiner Obrigkeit eine Bittschrift ein, in der sie um Zustimmung baten, daß ihre Feldmark neu vermessen und in größeren Koppeln je nach Hufengröße an die einzelnen Bauern fest vergeben würden. Die Eutiner Herrschaft zögerte lange, da sie sich offenbar über die Konsequenzen nicht so schnell im klaren war. Zwei Rensefelder Bauerngenerationen starben darüberhin, bis 1792 endlich Vermessungskarte und Vermessungsregister fertig vorlagen, nach denen die Verkoppelung der Rensefelder Feldmark vor sich gehen konnte. Als Koppelgrenzen entstanden die mit Buschwerk bepflanzten Knicks, die über ein Jahrhundert lang eine Zierde der heimischen Landschaft und ein Paradies für die Vogelwelt waren.

Befreiung von den Hand- und Spanndiensten und Verkoppelung haben einen wesentlichen Anteil am Auftrieb der Rensefelder Landwirtschaft im darauffolgenden 19. Jahrhundert, vor allem auf den Gebieten des Ackerbaus und der Viehzucht. Der zunehmende Wohlstand zeigte sich im Ausbau der Scheunen und Stallungen sowie in der Entwicklung einer höheren Wohnkultur.

Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts begann die Entwicklung Rensefelds zu einem Arbeiterdorf. Sie wurde hervorgerufen durch die sogenannte Gründerzeit nach dem Kriege 1870-71, als in der Umgegend, vor allem im Randgebiet Lübecks, zahlreiche Fabriken mit großem Bedarf an Arbeitskräften entstanden. Eine rege Bautätigkeit für Arbeitersiedlungen setzte ein. Das war für die Rensefelder Bauern eine günstige Gelegenheit, ihre wenig einträglichen Sandfeldländereien als Bauplätze zu veräußern. Bevorzugt waren zunächst die Grundstücke an den schon vorhandenen Zuwegen nach Schwartau (Rantzau-Allee), Groß Parin (Lindenstrafie) und Kleinmühlen(Mühlenstraße). Doch bald wurden auch völlig neue Straßenzüge wie Heinrichstraße, Fünfhausen und Schnoorstraße angelegt. Während man im Jahre 1871 noch 55 Rensefelder Häuser zählte, stieg ihre Zahl bis 1900 fast auf das Dreifache an. Zwischen den beiden Weltkriegen weiteten sich vor allem die Lindenstraße und Pariner Straße nach Norden aus, und das letzte Stück des alten Sandfeldes verwandelte sich in den Jahren 1937-40 in die geschlossene »Siedlung Lindenstraße«. Aber zu diesem Zeitpunkt gab es bereits keine selbständige Dorfschaft Rensefeld mehr. Sie war 1934 mit Cleve und Groß Parin in die Großgemeinde Bad Schwartau eingegliedert worden.


Instandsetzung und Restaurierung der St. Fabiankirche zu Rensefeld in den Jahren 1965 - 1968

von Johannes Weber, Kirchenältester und Architekt BDA

Unsere alte Rensefelder Kirche hatte in den 800 Jahren ihres Bestehens durch Witterungseinflüsse, durch Schädlingsbefall des Holzes und nicht zuletzt durch bauliche Veränderungen, die im Verlauf vergangener Stilepochen vorgenommen und die nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt worden waren, in ihrer baulichen Substanz stark gelitten. Einschneidende Instandsetzungsmaßnahmen zur Abwendung weiteren Verfalls zu ergreifen, war verpflichtender Auftrag für alle verantwortlichen kirchlichen Gremien geworden.

Anfang der sechziger Jahre wurden erste Überlegungen angestellt und Untersuchungen vorgenommen, um über Art und Umfang der vorzunehmenden Arbeiten Klarheit zu gewinnen. Im Zusammenhang mit der Instandsetzung sollte auch eine umfassende Restaurierung erfolgen, um im Rahmen der notwendigen baulichen Arbeiten die sich ergebenden Möglichkeiten zur Wiederherstellung der ursprünglichen Raumgestalt zu nutzen.

Im Jahre 1965 konnte nach umfangreichen Vorarbeiten mit dem Bauen begonnen werden. Nähere Untersuchungen hatten sehr bald gezeigt, daß wegen des Schädlingsbefalls des Holzes und unzureichender konstruktiver Ausbildung des Kirchendaches und der Balkendecke eine völlige Erneuerung nicht zu vermeiden war. Mit der Erneuerung der Balkendecke bot sich die Verwirklichung einer der angestrebten Restaurierungsmafinahmen des Kirchenraumes an. Die alte Balkendecke war in früherer Zeit durch eine glatte Gipsdecke verkleidet worden, so daß der Raum durch Wegfall der feinen Balkenfeldgliederung eine fremde, saalartige Wirkung bekommen hatte. Für die neue Decke wurden schwere eichene Balken eingezogen, auf die ein eichener Bohlenboden verlegt wurde. Die Holzflächen erhielten als Kontrast zu den weißen Wandflächen eine kräftige umbrafarbene Tönung und jedes Balkenfeld wurde mit einem schmalen Fries in hellgrau eingefaßt. Durch diese neue Balkendecke, die in gleicher, durchlaufender Höhe Kirchenschiff und Chor überdeckt, hat der Raum wieder den sakralen Charakter erhalten.

Zunächst schienen die Außenmauern des Kirchenschiffes und das Mauerwerk des Turmes in seinem Gefüge stabil zu sein. Wohl hatte sich die Südwand in Raumhöhe um ca. 37 cm aus der Senkrechten nach innen geneigt und die Nordwand entsprechend nach aufien, jedoch bei einer Mauerdicke von 80 cm in einem festen Mauerwerksverband wäre eine Gefährdung der Standsicherheit nicht zu befürchten gewesen. Doch beim Einstemmen der Fensteröffnung für ein viertes Fenster in die Südwand zeigte sich, daß, wie anfangs schon angedeutet, bei Änderungen der Fensterformen - der jeweiligen Stilepoche von der Romanik über Gotik zum Barock angepaßt - nur eine äußere und innere Mauerwerksschale im Verband gemauert, der Kern dagegen aber nur mit losem Ziegelschotter ausgefüllt worden war. Bei dieser Sachlage bestand eine akute Einsturzgefahr und der völlige Abbruch und Wiederaufbau der Südwand zwischen vorhandenem Strebepfeiler und Sakristeivorbau war nicht zu vermeiden. Die Nord- wand konnte an der Außenseite durch einen starken Stahlbetonstrebepfeiler mit Klostersteinverblendung gesichert werden. Zahlreiche kleinere und größere Flächen des Turmmauerwerks mußten ausgestemmt und neu vermauert werden. Der Kalkmörtel, für den damals der Segeberger Kalk verwendet wurde, hatte sich im Laufe der Zeit zersetzt, so daß der Mörtel beim Ausstemmen der Steine wie Pulver aus den Fugen rieselte. Für die neue Sakristei und den Osteingang wurde an der Süd-Ostecke der Kirche ein Anbau errichtet.

Durch die bisher aufgezeigten Maßnahmen waren vorwiegend Instandsetzungs- und Erneuerungsarbeiten durchgeführt worden, wenn auch bereits durch die neue Balkendecke und das vierte Fenster in der neuen Südwand angestrebte Restaurierungsvorhaben erfüllt werden konnten. Wesentliche Eingriffe mußten aber noch erfolgen, um raumstörende Einbauten zu beseitigen. Dies traf in besonderem Maße auf die Empore zu, die in den Chornordanbau mit dem gotischen Abschlußbogen und dem tief heruntergeführten Kreuzgewölbe hineingezwängt und damit der feinproportionierte Raum völlig zerstört worden war. Die Empore wurde entfernt und das wertvolle Wappen der Brüstung mit dem reichen Schnitzwerk erhielt nach sorgfältiger farblicher Aufarbeitung seinen neuen Platz an der Brüstung der Südempore des Chores.

Mit dem wiedergewonnenen Raum im Nordanbau war eine würdige Stätte für die Schaffung einer Taufkapelle gegeben. In der Mitte unter dem Schlußstein des Kreuzgewolbes konnte nun auch der alte, wuchtige Granittaufstein seine endgültige Aufstellung finden und seiner Bestimmung wieder zugeführt werden. Eine weitere Aufgabe war mit der Neugestaltung des Altars gestellt. Das schöne Halbrund der Apsis mit dem in der Achse liegenden Rundbogenfenster war durch den hohen Altaraufsatz völlig dem Blick entzogen. Um den Apsisraum, dessen Wandfläche bis zum Gewölbeansatz mit Klostersteinen verkleidet ist, freizulegen, wurde der Altaraufsatz abgenommen. Der verbleibende gemauerte Altarblock, der mit einer wuchtigen Natursteinplatte abgedeckt wurde, konnte in seiner schlichten, kubischen Form und seinem guten maßstäblichen Verhältnis als Mittelpunkt des Kirchenraumes eindrucksvoll zur Geltung gebracht werden. Die neue farbige Bleiverglasung des Rundbogenfensters mit der Darstellung des Abendmahls, verbindet sich optisch gleichsam zu einer Einheit mit dem Altar.

Die Aufhellung des Grundes der Gewölbefresken in der Apsis hat die Konturenzeichnungen wieder kräftiger in Erscheinung treten lassen.

Die Kreuzigungsgruppe war unmittelbar vor der breiten Rundbogenöffnung der Apsis auf einem Querbalken in Höhe des Bogenansatzes aufgestellt. Hierdurch wurde der Blick in die Apsis empfindlich beeinträchtigt. Um eine klare, ungestörte Linienführung des Bogens zu erreichen, mußten Querbalken und Kreuzigungsgruppe ausgebaut werden. Die Kreuzigungsgruppe für sich wurde zu einer geschlossenen Einheit umgestaltet und auf einer Balkenbasis stehend, von der Decke frei im Raum hängend bis zur hinteren Seite der Kanzel in den Chor vorgerückt. Damit hatte die Kreuzgruppe ihren "richtigen" Platz im Kirchenraum erhalten.

Die gewölbte Balusterbrüstung der Orgelempore wurde entfernt und durch eine vorgezogene, gradlinig verlaufende Brüstung ersetzt. In Anpassung an die Seitenbrüstung erhielt die Orgelemporenbrüstung eine Tafelverkleidung mit handgeschnitzter Ornamentik. Die gesamte Winkelbrüstung wurde farbig neu gestaltet. Der vorhandene rote Fliesenfußboden wurde aufgenommen und durch einen neuen Belag mit hellgrauen Natursteinplatten ersetzt.

Die Aufstellung des alten Gestühls konnte erfolgen, nachdem Änderungen durch Abnehmen der hohen Kopfstücke der Wangen und durch Entfernen der Gestühlstüren durchgeführt waren. Durch diese Änderungen erhielten die zu beiden Seiten des Mittelganges eingebauten Gestühlsblocks eine schlichte und geschlossene Wirkung. Die farbliche Behandlung wurde zu dem Gesamtraum abgestimmt.

Im Jahre 1968 erhielt die Kirche ihre neue Orgel und damit waren die Restaurierungsarbeiten und alle Maßnahmen zur Festigung der baulichen Substanz zum Abschluß gebracht. Möge nun unsere ehrwürdige Kirche weiter als Stätte der Verkündigung dienen bis in ferne Zeiten.

Die Orgel

Das Instrument zum Lobe Gottes in der Rensefelder Kirche

Wenn die Gottesdienstgemeinde heute den gediegenen und variationsreichen Klang ihrer Orgel in der Kirche zu Rensefeld Sonntag für Sonntag erlebt und sich mit ihrer Hilfe singend den reichen Schatz des Gesangbuches erschließen läßt, kann sie es sich kaum vorstellen, daß es früher einmal Zeiten gab, denen dieser Reichtum nur sehr vermindert oder gar überhaupt nicht zugänglich war. Eine Orgel der heutigen Qualität und Größe gab es hier früher noch nie. Dennoch hat der Weg der musica sacra zusammen mit der Orgelmusik in der langen Geschichte unserer jahrhundertealten Kirche seinen festen Ort.

Es ist ohne Zweifel ein Ereignis von großer Bedeutung gewesen und ein unermeßlicher Vorzug vor anderen Gemeinden, daß im Jahre 1645, also noch vor Ende des Dreißigjährigen Krieges in einer Zeit größter Armut und Verwirrung der damals hier residierende Fürstbischof Hans unserer Kirche die wohl erste Orgel schenkte. Groß wird sie nicht gewesen sein, wenn der Schenkungsbetrag damals mit 300 Mark lübscher Währung registriert ist. Dennoch ist die Freude und Dankbarkeit der Rensefelder groß gewesen. Das hat u. a. seinen Ausdruck darin gefunden, wie die Chronik berichtet, daß man nach Fertigstellung der Orgel, wie es damals Sitte war, der Frau des Orgelbauers "als drankgeld einen Rosennobel" = ca. 12,- Mark derzeitiger Währung dargereicht hat.

Nahezu 200 Jahre hat diese von Bischof Hans geschenkte Orgel der gottesdienstfeiernden Rensefelder Gemeinde gedient. Natürlich ging es während dieser langen Zeit nicht ohne Reparaturen ab, von denen in der Chronik sogar häufig die Rede ist. Dabei war die ganze Geschichte der Rensefelder Kirche von Anfang an von der Armut gezeichnet, so daß unsere Vorfahren es immer sehr schwer hatten mit der ständigen Pflege und Erhaltung der Rensefelder Kirche. Andererseits sind auch manche Gaben verzeichnet, die größte Not lindern halfen. So war es im Jahre 1720 der Bürgermeister Testorff zu Lübeck, der für die Rensefelder Kirche ein Legat bereitstellte, aus dessen Zinsen Altar, Orgel und Turmuhr in Ordnung gebracht werden sollten. Da dieses aber nur mit 3 % Zinsen belegt werden konnte, ist die Erfüllung desselben wohl nur eine geringfügige Hilfe gewesen. Man mußte sich weiter mit Provisorien behelfen.

1865 war es dann endlich soweit, daß eine neue Orgel angeschafft werden konnte. Sie wurde erbaut von der Orgelbauwerkstatt Schultze in Paulinzelle zum Preise von 800 Talern. Gewiß war sie ein Fortschritt gegenüber der 1. Orgel von 1645, aber gemessen an dem, was wir uns heute unter einer Orgel vorstellen, doch nur ein sehr einfaches Werk, dem nun wieder ca. 200 Jahre Dienst im sonntäglichen Gottesdienst beschieden waren. Gewiß, die Begleitung des Gemeindegesangs vermochte diese Orgel zu leisten; doch anspruchsvollere Werke des Orgelspiels konnten ihr nicht abverlangt werden, weil sie nur ein Manual und nur ein angehängtes, also nicht selbständig klingendes Baßpedal besaß. Abgesehen davon stellten sich bei dieser Paulinzeller Orgel mit der Zeit Alterserscheinungen ein, die besonders in dem immer lauter werdenden Geklapper der hölzernen Traktur bestanden, das den Klang der Orgelpfeifen mehr und mehr übertönte und schließlich zunichte machte. Als der Erste Weltkrieg seine Finger nach allen wertvollen Metallen ausstreckte, mußte die Rensefelder Orgel obendrein wie viele andere ihre ansehnlichen Prospektpfeifen hergeben, an deren Stelle fortan ein grünes Tuch die Orgelfront notdürftig verhüllte.

Als es dann nach weiteren zwei Jahrzehnten mit den finanziellen Kräften etwas bergauf ging, die Orgel inzwischen den Nullpunkt ihrer Lebensfähigkeit nahezu erreicht hatte, entschloß sich der Gemeindekirchenrat laut damaligem Sitzungsprotokoll vom 13. November 1933 im Zuge der überall geforderten Arbeitsbeschaffung, manche Besserungen an der Kirche vorzunehmen und dabei auch die Orgel wiederherzustellen und sogar zu erweitern. Die Orgelbaufirma Kemper aus Lübeck lieferte Vorschläge für den Umbau der Orgel und erhielt kurz darauf den Auftrag, diesen auszuführen, allerdings mit der Auflage, die veranschlagten Kosten von 3.240,- RM nicht zu überschreiten. Im April 1934 war die Arbeit fertig und wurde die Orgel, die zwar im Grundstock die alte geblieben, durch Hinzufügung eines 2. Manuals, Einbringung einiger Verbesserungen und Herstellung eines neuen kupfernen Orgelprospekts nun doch nahezu eine neue und damit in der geschichtlichen Reihenfolge die 3. Orgel der Rensefelder Kirche geworden war, im Beisein des Gemeindekirchenrats durch Professor Hofmeier aus Eutin abgenommen. Gegenüber dem nahezu totalen Versagen der alten Orgel war das Ergebnis dieser Erneuerung gewiß imponierend und deren Veranlasser waren stolz darauf. Doch Fachleute bemerkten bald ihre Mängel, die darin bestanden, daß man dem vorhandenen Manual mit mechanischer Traktur ein zweites hinzugefügt hatte, dessen Tastenbetätigung auf pneumatischem Wege an die Pfeifen weitergegeben wurde. Dieses Vermengen zweier verschiedener Traktursysteme erschwerte die präzise Tonansprache, ja machte sie nahezu unmöglich, wenn gleichzeitig auf beiden Manualen gespielt werden sollte, was für über den Hausgebrauch hinausgehende Orgelkompositionen einfach unerläßlich ist. Der Forderung nach Arbeitsbeschaffung hatte man gedient; aber das Ergebnis war wie bei vielen Vorhaben jener Tage unvollkommen. Daß diese Orgel kein langes Leben haben würde, stand für Fachleute damals schon fest. Mit daran Schuld war wohl der Umstand, daß die Organistenstelle zum Zeitpunkt dieser Um- und Erweiterungsmaßnahmen vakant war und daher die Arbeiten des fachkundigen Rates am Ort entbehrten.

Der nächsten Gemeindegeneration, schon 30 Jahre später, sollte es vorbehalten sein, mit der nun 4. Rensefelder Orgel endlich ein Instrument zum Lobe Gottes zu schaffen, das dieses Namens würdig ist. Anlaß war die dringend notwendige bauliche Überholung und Restaurierung der Rensefelder Kirche. Dabei mußte es sich die Orgel von 1933 gefallen lassen, zunächst einmal für eine beträchtliche Zeit, eingepackt in Folien und Platten, zu schweigen, währenddessen sich die ganze Kirche in eine alles umfassende große Baustelle verwandelte, in der nicht selten Regen und Stürme ihr ungehindertes Spiel mit ihr trieben. Man hoffte anfangs, die bisherige Orgel nach Abschluß der Bauarbeiten noch einmal zum Leben erwecken zu können. Als sie am 8. Mai 1966 im Dank- und Festgottesdienst nach beendeter Restaurierung der Rensefelder Kirche von den Hüllen ihrer Verborgenheit befreit und notdürftig aufgeputzt war, gab sie zwar noch ein paar Töne von sich, aber ließ es jeden Zuhörer erkennen, daß eine etwaige nochmalige Großreparatur dieses Torsos einer Orgel sinnlos war. Es ist dem Mut des Gemeindekirchenrats, der Spendenfreudigkeit der Gemeindeglieder und der Hilfsbereitschaft der Landeskirche zu verdanken, daß alsbald nach der abgeschlossenen Restaurierung der Kirche die Planung eines Orgelneubaus in Angriff genommen wurde. Am 10. August 1967 wurde der Vertrag mit dem Orgelbaumeister Hinrich Otto Paaschen, damals in Leck (Nordfriesland), jetzt in Kiel-Friedrichsort, zum Bau einer neuen Orgel in der St. Fabiankirche zu Rensefeld abgeschlossen. 62.500,- DM waren dafür veranschlagt. In ständiger Zusammenarbeit mit dem Orgelbaumeister sorgte unser Architekt Weber dafür, daß die neue Orgel auch in ihrer äußeren Gestaltung und Eingliederung in den Kirchenraum ein wahres Schmuckstück unseres alten Gotteshauses wurde.

In der Oktoberausgabe 1968 des Rensefelder Gemeindeblatts findet sich folgender Bericht über die neue Rensefelder Orgel:

»In den ersten Augusttagen des Jahres 1968 war das Werk vollendet und wurde durch den Orgelsachverständigen der Landeskirche, Kirchenmusikdirektor Pods, abgenommen. Das anläßlich der Abnahme erstellte kirchenaufsichtliche Gutachten bescheinigt dem Orgelbaumeister für dieses höchste Anerkennung. Was der Fachmann hier zum Ausdruck gebracht hatte, durfte die zahlreich versammelte Gemeinde am 29. September 1968 im Weihegottesdienst dieser Orgel aus eigenem Erleben erfahren.

Es war ein ergreifender Augenblick, als im Gottesdienst unmittelbar im Anschluß an die Weihe der Orgel sich der Organist Ketelsen und ihm folgend die ganze Kantorei, zuerst der Kinderchor, dann die Erwachsenen des Kirchenchors - von ihrem Interimsplatz um das bis dahin ersatzweise dem Gemeindegesang dienende Harmonium auf der Südempore kommend - unter dem Geläut aller Glocken durch den Hauptgang der Kirche zur Orgelempore begaben, und darauf nach einer Minute des Schweigens die neue Orgel zum erstenmal mit dem Choralvorspiel zu "Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren" von Johann Walther machtvoll ihre Stimme erhob. Dem Vorspiel folgte der Choral selbst in der Fassung von Joh. Seb. Bach, mit vollem Werk gespielt. Obwohl dieses eigentlich nur als Orgelvortrag gedacht war, ließ sich die Gemeinde in ihrer Freude und Dankbarkeit nicht länger zurückhalten und begann aus voller Kraft mitten in die Orgelklänge hinein zu singen: "Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren." Ja, wir haben in Rensefeld wirklich Grund zu loben und zu danken, daß es der Gemeinde gelingen durfte, die alte in jeder Weise vom Verfall bedrohte Rensefelder Kirche wieder zu einem würdigen Gotteshaus werden zu lassen. Wenn man das heutige Bild unserer Kirche als eine Kostbarkeit bezeichnet hat, so gilt das jetzt im vermehrten Mafie angesichts der neuen Orgel.«

So äußert sich unser Organist Lorenz Ketelsen selbst, nachdem die neue Paschen-Orgel nun schon 8 Jahre unter seiner Hand der Kirchenmusik in der Rensefelder Kirche gedient hat:

"Das Besondere an dieser Orgel, seit 1968 gründlich erprobt und bewährt, ist die Tatsache, daß sie sowohl für den Gottesdienst ein geradezu ideales Instrument genannt werden kann, zugleich aber auch der Darstellung größerer Orgelwerke namhafter Komponisten und der Improvisation ein reiches Feld der Möglichkeiten bietet. Als Disposition stehen zur Verfügung

Die Orgel hat eine mechanische Schleifladen-Traktur, die sich durch eine extrem leichte Spielbarkeit auszeichnet. Als Spielhilfen sind 2 freie Kombinationen, die Tuttitaste und verschiedene Koppeln angebracht. Das Einschalten der Register erfolgt über eine elektrische Traktur und ist daher für den Spieler sehr leicht zu handhaben. Alles in allem haben wir es mit einem Instrument zu tun, das sich einerseits vom äußeren Bild, besonders durch seinen schönen Prospekt, und andererseits von seiner Klangfülle her dem Raum hervorragend anpaßt und durch seine Schlichtheit dem Kirchenschiff eine würdige Bereicherung verleiht."


Glocken im Turm der Rensefelder Kirche

300Die Stimme der Glocken gehört von altersher zum Vollzug des Gottesdienstes im weitesten Sinne dieses Wortes. Von ihm her bekommt das Leben derer, die im Glauben stehen, Sinn und Ordnung. Die Glocken künden ihnen die Stunden als Schritte der Ewigkeit, rufen zum alltäglichen Gebet, laden zu stiller Andacht ein und begleiten mit ihrer ehernen Stimme den Gottesdienstbesucher am Sonntag auf dem Weg zur Kirche. Sie gehören zu ihr wie Altar, Taufstein, Kanzel und Orgel. Mit den Glocken greift die Verkündigung und der Lobpreis des Herrn weit über die Mauern des Gotteshauses hinaus. Damit dieses geschehen kann, man den Klang der Glocken über die ganze Gemeinde hin wahrnehmen kann, haben sie ihren Platz an möglichst hoher Stelle. Diesen Zweck erfüllt überall der Turm der Kirche. Darin hat er seine entscheidende Aufgabe. Ohne Glocken wären Kirchtürme sinnlos.

Wenn wir also davon ausgehen können, daß die Rensefelder Kirche von vornherein einen Turm gehabt hat, so können wir auch damit rechnen, daß eine oder mehrere Glocken in ihm von Anfang an Heimat gehabt haben und ihren Klang über die Weiten der Felder, Wege und Häuser unserer Vorfahren hinausgerufen haben. Ja, die Erbauer der Rensefelder Kirche, auch diejenigen ihres zweiten Turms, der heute unser Gotteshaus ziert, haben sich diese besondere Verkündigungsaufgabe nach draußen hin mit großem Verständnis für ein gut klingendes Glockengeläut angelegen sein lassen, indem sie dafür im Turm einen ungewöhnlich großen Raum, die sog. "Glockenstube" in richtig proportionierten Maßen geschaffen haben. Einmal war damit genügend Platz für mehrere Glocken gegeben; zum anderen wußten sie um das Resonanzvolumen, das nur eine große Glockenstube bieten kann, von der aus der Klang der Glocken, jede in ihrer Eigenart mit ihren Obertönen sich bildend und dann sich vereinend mit denen der anderen, zusammengefaßt als ein harmonisches Ganzes durch die verhältnismäßig schmalen Turmöffnungen seinen ehernen Ruf nach draußen schickt zur Freude aller, die es hören, ob nah oder fern.

Die älteste Nachricht über das Vorhandensein von Glocken im Turm der Rensefelder Kirche haben wir aus dem Jahre 1349 durch eine Lübecker Testamentsurkunde, in der es heißt: Am 31. Dezember 1349 vermachte Henning Tunne 14 Gulden, die ihm Siegfried Parkenti für eine Romreise schuldete, als Beitrag für die Glocken in Rensefeld. Man beachte den Plural "Glocken"; also waren es schon damals mehrere Glocken.

Aus dem Jahre 1672 erfahren wir, daß die "Betglocke dreimal des Tages wie anderswo im stifft geläutet wird". Das war also noch vor Abbruch des alten Turms, der im Jahre 1693 erfolgte. 1694 heißt es, jetzt also schon im neuen Turm, werden die Glocken wieder aufgehängt.

Zehn Jahre später, 1704, mußte die "große Glocke" umgegossen werden. Bei Erwähnung dieser Maßnahme in der Chronik erfahren wir als Randnotiz, daß damals die Rensefelder Kirche drei Glocken besaß, von deren kleinster es heißt, daß sie im Jahre 1704 in Rensefeld selbst gegossen wurde, es also hier damals eine Glockengießerwerkstatt gab, in der wahrscheinlich auch der Umguß der großen Glocke erfolgt ist.

Nachdem im Jahre 1728 die große Glocke von 1704 wiederum geborsten war, wurden 1730, wie es heißt, beide Glocken von Lorenz Strahlborn in Lübeck umgegossen und vergrößert. Das "beide" bezieht sich wahrscheinlich außer der großen auf die mittlere, also zweite Glocke.

Im Jahre 1830 war es schon wieder soweit, daß die große Glocke, deren Namen "Eusebia" wir von da an erfahren, diesmal durch den Glockengießer Hirt umgegossen werden mußte. Der Name "Eusebia" geht auf ein griechisches Wort zurück, das ins Deutsche übersetzt "Ehrfurcht, Frömmigkeit, Gottesfurcht" bedeutet. Dazu also sollte diese Glocke aufrufen, wenn man sie so genannt hat.

Es mag am Material oder der unsachgemäßen Aufhängung der Glocken oder auch ihrer wenig sorgfältigen Betätigung gelegen haben, daß schon 15 Jahre später noch einmal ein Umguß der großen Glocke vorgenommen werden mußte. Dieser erfolgte im Jahre 1845 durch Jacob Friedrich Beseler in Rendsburg.

Von dieser Zeit an abgesehen von einer veränderten Aufhängung sämtlicher Glocken nach einem neuen System durch die Gebrüder Ohlson in Lübeck haben die drei Rensefelder Kirchenglocken bis in den Ersten Welrkrieg hinein, der seine Finger nach allem ausstreckte, was der Waffenschmiedung diente, standgehalten. Im Pfingstgottesdienst 1917 durften sie zum letzten Mai ihre Stimme über der Rensefelder Gemeinde erheben. Gleich am Tage danach wurden sie zerschlagen und ihre Trümmer zum Arsenal der Kriegsmaterial-Sammelstelle abtransportiert. Ein Rentner unserer Gemeinde, Adolf Schröder sen. aus der Mühlenstraße in Rensefeld, erinnert sich seiner jüngeren Lebenstage, die mit den Glocken der Rensefelder Kirche auf mehrfache Weise eng verbunden waren. Als Konfirmand hat er in den Jahren 1912/13 noch die alten vertrauten Bronzeglocken mittels eines Tretmechanismus, der damals üblich war, zu läuten geholfen. Fünf Jahre später säh er als junger Mann den Abtransport seiner jetzt zerschlagenen Glocken mit wehem Herzen. Als Schmiedegeselle hat er dann im Jahre 1921 die Ankunft der eisernen Ersatzglocken miterlebt und sie zusammen mit seinem Meister Noland aus der Rantzau Allee im Turm aufgehängt, nachdem zuvor infolge des Umfanges der großen Glocke das Mauerwerk an der Turmluke weit genug aufgebrochen werden mußte. Sparsamkeit zwang dazu, sich 1921 zunächst mit zwei neuen Eisenglocken zu begnügen, die aus der Glockengießerei Weule in Bockenem im Harz stammten. Für die fehlende dritte Glocke vertraute man auf eine bessere Zukunft. Diese ließ 40 Jahre auf sich warten. 1962 war es dann endlich soweit, daß die dritte Glocke in derselben Werkstatt im Harz, jetzt zwar unter anderem Firmennamen, aber doch an gleicher Stelle und aus gleichem Material wie die beiden anderen im Auftrag gegeben werden konnte. Am Weihnachtsabend 1962 haben wir sie in einer festlichen Stunde geweiht. Nachdem die neue Glocke zum erstenmal ihre Stimme über unserem alten Rensefelder Gotteshaus erhoben hatte, stimmten der Reihe nach die beiden älteren, die Glocke des Friedhofs, des Jahres zuvor von dem Kirchenältesten Fritz Jänike gestiftet, die unter Mitwirkung des oben genannten Schmiedefachmanns Adolf Schröder im Turm der Kapelle ihren Platz gefunden hatte, und bald auch die Glocken der Nachbarkirchen mit ein in ein großes gemeinsames Geläut der Dankbarkeit und Weihnachtsfreude.

Die anfangs erwähnte große Glockenstube mit ihrer hervorragenden Resonanzfähigkeit hat es uns erlaubt, auch die dritte Glocke aus Eisenguß herstellen zu lassen und auf Bronzeglocken ganz zu verzichten. Das gesamte Geläut klingt so vollendet, daß es von dem als edler geltenden Bronzeguß nicht übertroffen werden kann, ja sogar besser wirkt als Bronzeglocken in engen Türmen oder gar in offener Aufhängung.

Die reichlichen Inschriften, die uns von den früheren Glocken im Rensefelder Turm zumeist bekannt sind, würden einen zu großen Raum einnehmen, wenn wir sie hier in dieser Festschrift alle aufnehmen wollten. Aber eine sei für alle genannt und möge für das ganze Geläut aller Glocken, deren eherne Stimme in 8 Jahrhunderten über Rensefelds Dächern und Fluren bis heute hin erklungen sind, gelten. Es stand auf der zweiten Glocke, der sog. Stundenglocke von 1730:

SOLI DEO GLORIA!

Die Rensefelder Küsterschule

von Rektor i. R. Steen

Die Anfänge des Schulwesens liegen wie überall in unserer Gegend auch in Rensefeld im Dunkeln. Erst aus dem Jahre 1673 hören wir aus Eutin von einer fürstbischöflichen Verordnung, nach der alle vier Wochen am Sonntag nach der Hauptpredigt ein »Katechismus-Examen" für Kinder und Erwachsene stattfinden sollte. Auch die Einrichtung von Landschulen wird kurz erwähnt, und zwar war beides gedacht als ein ausgesprochen kirchliches Unternehmen, durch das eine Vertiefung des religiösen Lebens der Untertanen erreicht werden sollte. Das hat sicher im besonderen Maße auch für das Bischofsdorf Rensefeld gegolten, zumal es der Mittelpunkt eines sehr großen Kirchspiels war. Es ist sogar denkbar, daß die Rensefelder Pastoren schon vor 1673 im Sinne der genannten Verordnung gewirkt haben, da mehrere von ihnen in jüngeren Jahren bereits als Rektor, Magister oder Diakonus tätig gewesen waren.

In Rensefeld wird auch die erste Schule des Kirchspiels eingerichtet worden sein, und als deren "Schulmeister" darf man den jeweiligen Küster und Organisten vermuten. Sie hieß deshalb im Volksmund "Küsterschule". Als erster Rensefelder Küster und Organist begegnet uns in den Kirchenbüchern ein Johann Wehden. Er muß zur Zeit des Pastors Justus Göbel (1583-1639) in Rensefeld tätig gewesen sein; denn dieser heiratete die Schwester des Johann Wehden. Allerdings von ihm als auch von seinen Nachfolgern Johann von Gimmnicht (erwähnt 1638), Hans Heikken (1652-87) und Hinrich Oehlenschläger (1687-98) ist von einer Schultätigkeit nichts überliefert. Erst aus dem Schwartauer Erdbuch von 1710 erfahren wir, daß für den Unterricht der Schwartauer Kinder die Küsterschule in Rensefeld zuständig sei, die außer in Religion im Lesen und Schreiben unterweise. Aus dem Jahre 1732 liegt dann der erste Rensefelder Schulbericht vor. Er stammt von dem damaligen Organisten Valentin Fuhrmann (1730-61) und ist eine bittere Anklage gegen die Witwe seines Vorgängers, die in Schwartau eine eigene Schule aufgemacht hatte und "sich unterstehet, die Knaben, welche von Rechts wegen in meine Schule gehen sollten, bei sich aufzunehmen und zu unterrichten und mir aus diesem Unterfangen viele Unordnungen erwachsen". Fuhrmann beklagte vor allem, daß die Schwartauer Knaben nun auch am Sonntag in der Kirche sich widerspenstig zeigten - "ohne daß sich selbige von jemandem etwas befehlen lassen".

Freilich stand es auch mit dem Betrieb in der Küsterschule nicht immer zum besten. Fuhrmanns Nachfolger Johann Peter Lorentzen (1761-1801) mußte sich von seinem Pastor sagen lassen, daß er fast gar keine Sommerschule halte und auch im Winter willkürlich "Feiertage" einlege, was Lorentzen aber mit dem Hinweis widerlegen konnte, daß die Rensefelder Eltern in hilden Zeiten ihre Kinder einfach nicht schickten. Im Jahre 1817 beanstandete der Kaltenhöfer Amtmann Graf Rantzau, daß die Schulstube in Rensefeld zu klein und niedrig sei und kaum die Zahl der lernenden Kinder fasse und diese, wenn sie auch wirklich bei dem jetzigen Organisten (Wilms) etwas lernen könnten, sicher zum Schaden ihrer Gesundheit »in den Zwinger getrieben" würden. Als der junge Schwartauer Lehrer Carsten Jensen im Jahre 1826 als Organist nach Rensefeld übersiedelte, erhielt die Küsterschule den vermutlich ersten seminaristisch vorgebildeten Lehrer. Jensen wurde oft als tüchtiger Schulmann geiobt und hat in seiner langen Dienstzeit (bis 1863) sowohl in der Lehrerschaft als auch im Dorfe eine führende Rolle gespielt. Unter ihm entstand schon 1828 ein für damalige Verhältnisse großzügiger Schulneubau, der so geräumig war, daß auch die 18 Schulkinder aus Cleve dort Aufnahme fanden. Ferner wurde erstmalig für die Mädchen ein Raum zum "Industrieunterricht" (Nähen und Stricken) geschaffen. Dieses sogenannte "Organistenhaus" gehörte weit über ein Jahrhundert zum Bild von Alt Rensefeld. Jedoch als Schulhaus reichte es schon nach 50 Jahren nicht mehr aus. Die schnelle Entwicklung Rensefelds zur bedeutenden Arbeitersiedlung erforderte immer neue Räume. So entstanden 1888 der im Volksmund bekannte "Schafstall" und 1895 das vierklassige Vordergebäude. Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte der Umbau des Gasthauses in Kleinmühlen zu weiteren fünf Schulräumen, bis endlich im Jahre 1957 auf dem Gelände der alten Küsterschule der Grundstein gesetzt werden konnte zum Bau der heutigen großen "Grund- und Hauptschule Rensefeld".


Rensefeld - seine Familien, Hufen, Häuser und Straßen in Vergangenheit und Gegenwart

Wer heute seine Schritte durch die z.Z. 43 Straßen in Rensefeld lenkt - vgl. die alphabetische Tabelle am Schluß dieser Schrift - spürt nur noch wenig von seiner ursprünglich dörflichen Vergangenheit. Während Rensefeld sich schon bald nach der letzten Jahrhundertwende zu einer Industriearbeiter-Siedlung ausweitete, trägt es heute nach dem Zweiten Weltkrieg ausgesprochen vorstädtische Züge im Verkehrsbereich der nahen Großstadt Lübeck. Durch Eingemeindung ist es seit einem knappen Menschenalter zusammen mit Cleverbrück und Groß-Parin ein Teil der Stadt Bad Schwartau geworden, in deren alten Ortsbereich es nahtlos übergeht. Die alten Gemeindegrenzen zwischen dem früheren Bad Schwartau im engeren Sinne und den Eingemeindungen sind so wenig erkennbar, daß von der Schwartauer Ortsmitte Kommende es oft gar nicht wissen, daß sie sich nach Überschreiten der Abzweigung Hamburger Straße oder der Ortshälfte von Fünfhausen oder der Kreuzung Töpferberg/Schnoorstraße in Rensefeld befinden. Wenn nun auch dieser unser Heimatort Rensefeld aufgehört hat, eine eigene selbständige politische Gemeinde zu sein, sollte man doch seine spezielle Geschichte und Siedlungsentwicklung nicht vergessen. Der heutige weitausgedehnte und dicht besiedelte Stadtteil Rensefeld ist nun einmal als zweifellos ältester Siedlungsbezirk die Keimzelle der gegenwärtigen Großgemeinde Bad Schwartau; und ihr weitaus ältestes Gebäude, das auf unsere Zeit überkommen ist, stellt die Rensefelder Kirche dar. Um sie herum scharte sich einst das alte Dorf, das heute nur noch im Straßennamen "Alt-Rensefeld" weiterlebt. Es war in Hufen gegliedert. In der Urkunde von 1177 ist von 30 Hufen die Rede. In einer Steuerliste von 1549 sind 18 Hufenbesitzer namentlich genannt. Es sind z. T. Namen, die wenigstens in der Erinnerung noch bis in die heutigen Tage reichen, in einem Fall, nämlich bezgl. der Hufe Evers Ecke Mühlenstraße/Alt-Rensefeld noch heute in gieicher Namensfolge vorhanden.

Ein Angehöriger dieser Familie, Richard Rogat, verwendet seinen Ruhestand dazu, über intensive Forschung in den Rensefelder Kirchenbüchern und anderen zweckdienlichen Urkunden Licht in die Familiengeschichte der ältesten Eingesessenen von Rensefeld und den zur Gemeinde gehörenden Außendörfern zu bringen. Das Ergebnis seiner auf die Familie Evers bezogenen bis in die Gegenwart reichenden Forschung ist im folgenden dargestellt. Eine in diesem Zusammenhang von ihm angefertigte Kartenplan-Skizze zeigt die Situation von Alt-Rensefeld um das Jahr 1644.

Weitere derartige Kartenskizzen und Forschungsergebnisse aus der sehr umfangreichen Forschungsarbeit von Richard Rogat finden sich in Heft 7 und den folgenden Nummern der Veröffentlichungen des Arbeitskreises für Familienforschung e. V. Lübeck. Sie sind bzw. werden außerdem laufend dem Pfarrarchiv Rensefeld eingefügt.

Verzeichnis der Straßen von Rensefeld
in alphabetischer Reihenfolge (Stand 1. November 1976)

Die mit dem Zeichen = vor und hinter dem Straßennamen versehenen Straßen beginnen oder setzen sich fort mit einem Teilstück in dem alten Schwartauer Ortsbereich.

Oops, an error occurred! Code: 20240422200329a55f4b40
Oops, an error occurred! Code: 202404222003294e5ede1a
Oops, an error occurred! Code: 20240422200329034fbe9f Oops, an error occurred! Code: 202404222003293948d538

Quellenangaben

  • Quellenangaben, benutzte Literatur, Urkunden- und Bildnachweis, sowie mündliche Gesprächspartner bei der Erforschung von Daten und Nachrichten für den Inhalt dieser Festschrift:
  • Gemeindechronik des Kirchspiels Rensefeld in drei Bänden, u.a. hauptsächlich geführt von Bernhard Friedrich Hoyer, Pastor an der Kirche zu Rensefeld von 1893 bis 1914
  • Sitzungsprotokolle der Kirchenvertretung und des Gemeindekirchenrates der Kirchengemeinde Rensefeld
  • Das Gemeindeblatt für die Kirchengemeinde Rensefeld, gesammelt im Pfarrarchiv Rensefeld
  • Bad Schwartau - Aus Vorzeit und Gegenwart, von Max Steen im Verlag der Buchhandlung Gustav Weiland Nachf. Lübeck
  • 800 Jahre Dom zu Lübeck, herausgegeben vom Kirchenvorstand der Evangelisch-lutherischen Dom-Gemeinde zu Lübeck
  • Urkunde von 1177 auf dem Umschlag dieser Schrift aus dem Landesarchiv Schleswig-Holstein, Schloß Gottorp in Schleswig, Urkunden-Abteilung 7 Nr. 136, besorgt durch Karl Schäfer zu Rensefeld
  • Übersetzung dieser Urkunde durch das Archiv der Stadt Lübeck ins Deutsche unter dem Zeichen LUB I Nr. 5, S. 7f., besorgt durch Richard Rogat
  • Fotografische Wiedergabe der Original-Urkunde als Großkopie für den Umschlag dieser Schrift: Fotolaborantin Renate Schäfer
  • Fotoaufnahmen: nicht in die Internetausgabe der Chronik übernommen
  • Mündliche Beratung, Hergabe bzw. Vergleich von Einzeldaten, sowie diverse Vorgespräche von und mit Dr. Weimann, Lübeck; Dr. Zeiß, Cleverbrück, Organist Lorenz Ketelsen, Adolf Schröder sen., Willy Laudi, Karl Schäfer und Richard Rogat, alle in Bad Schwartau-Rensefeld.